unkkontakt
Seit über einem Jahr stehe sie in Funkkontakt mit ihm und habe das, was
er über sein Werk zu äußern bereit gewesen sei, von Anfang an auf Band
aufgezeichnet. Was er zu unserem Bild gesagt habe, wolle sie mir nun,
bevor wir den Vertrag unterschrieben, zu Ohren bringen.
Ich hörte Piotr Neuma sprechen. Der Klang seiner Stimme
war dünn und wurde wieder und wieder von Fremdgeräuschen überlagert.
Beinahe schien es, daß der Sprechende um diese atmosphärischen Störungen
wisse. Denn fast immer, wenn die Verständlichkeit besonders stark unter
Übertragungsproblemen gelitten hatte, griff er den Gedanken noch einmal
auf und variierte ihn in ausführlicher Wiederholung. Neuma sprach ein
sehr langsames, aber weitgehend korrektes Englisch. Die wenigen
grammatikalischen Fehler, die ihm unterliefen, korrigierte er meist
selbst. Die Härte der Artikulation, die Kürze der Sätze und der
Klangverlust durch die Funkübertragung gaben seinem Sprechen etwas
Bellendes, als kläffte in weiter Ferne ein kurzatmiger, aber
hartnäckiger Hund. In Widerspruch zu diesem Eindruck großer Distanz
stand die merkwürdige, mir schier im Ohr juckende Intimität seiner
Stimme. Bestimmte Störgeräusche, Pfeif- und Zischtöne, schienen mir aus
Neumas Mundhöhle, aus seinem Rachen und aus seinen Bronchien zu stammen.
Dabei war es doch weit wahrscheinlicher, daß es sich um elektrische
Entladungen aus den Tiefen des Äthers handelte, die sich in den Röhren
und Transistoren des Empfangsgerätes reproduzierten. - Georg Klein, Anrufung des blinden Fisches. Berlin 2000
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