Fröschemachen

 Schon auf lycischem Grund, in Chimaeras Heimat — es sengte
drückende Hitze die Flur — Latona, matt von der langen
Mühsal, war, ausgedörrt von der Hitze, durstig geworden,
gierig hatten die Kinder ihr leer die Brüste getrunken.
Vor sich erblickte sie da in des Tales Grund einen kleinen
Teich. Da sammelten Bauern der üppig sprießenden Weiden
schmiegsame Ruten und Binsen und Schilf, wie die Sümpfe es lieben.
Näher trat die Titanenentstammte, ließ auf ein Knie sich
nieder, sich so von dem kühlen Naß zum Trunke zu schöpfen.
Wehrt ihr die bäurische Schar. Da sprach die Göttin zu ihnen:
„Wollt ihr vom Wasser mich treiben? Das Wasser ist allen gemeinsam.
Nicht zum Eigentum schuf die Sonne, die Luft und die linden
Wellen Natur; ich kam zu etwas, das jedem zu Dienst steht.
Dennoch bitte ich flehend: ,O gebt!' Ich schickte mich hier nicht
an, mir abzuspülen des Leibes ermattete Glieder,
sondern zu stillen den Durst. Es fehlt zum Reden des Mundes
Feuchte, die Kehle brennt, gibt kaum einen Weg mehr der Stimme.
Wassers ein Schluck wird Nectar mir sein. Ich werde bekennen
Leben in ihm zu empfahn, ja Leben gebt ihr im Wasser.
Sie auch mögen euch rühren, die hier aus dem Busen die kleinen
Arme mir strecken!" Und sieh! Die Kinder streckten die Arme!
Wen hätten da nicht gerührt die sanften Worte der Göttin?
Aber die Bauern wehren der Bittenden weiter; sie drohn ihr,
wenn sie nicht weiche vom Ort, noch dazu, und obendrein schmähn sie.
Das nicht genug I Sie trüben mit Händen und Füßen den Weiher
selbst und rühren und wühlen vom Grund des Wassers den weichen
Schlamm bald hier, bald da ihr auf voll gehässiger Bosheit.

Zorn vertrieb da den Durst. Jetzt fleht die Unwürdgen des Cœus
Tochter weiter nicht an, erträgt nicht weiter, zu reden,
was einer Göttin nicht ziemt. Zum Himmel die Hände erhebend,
ruft sie: „Auf ewig sollt ihr leben hier in dem Teiche!"

Und es geschieht, was die Göttin gewünscht: Sie leben im Wasser,
taudien mit ganzem Leib bald unter im Bette des Tümpels,
strecken bald ihre Köpfe hervor, bald schwimmen sie oben,
sitzen oftmals auch am Ufer des Teiches und springen
oftmals wieder zurück in den kalten See. Ihre frechen
Zungen üben sie jetzt noch im Zank; und, der Scham sich entschlagend,
suchen sie, auch unters Wasser getaucht, unterm Wasser zu schmähen.
Rauh ihre Stimmen noch heut, die Kehlen schwellen gebläht, und
schon das Schmähen verbreitert die klaffenden Mäuler, der Rücken
rührt an den Kopf, dazwischen der Hals scheint ihnen zu fehlen.
Grün am Rücken, weiß am Bauch und zumeist an dem Leibe,
hüpfen sie nun im schlammigen Teich zu Fröschen geworden. 

 - (ov)

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