reudengenosse
Unter allen Barmakiden stand aber Djafar dem Herzen des Chalifen
am Nächsten. Jahja war für ihn ein Vater, Fahdl ein Bruder, dessen Tüchtigkeit
und Energie er die schwierigsten Geschäfte anvertrauen konnte, aber Djafar,
ein lebenslustiger Mann, wie er, mußte sein Freund und Freudengenosse sein.
Seine Neigung zu Djafar ging so weit, daß er selbst in seinen Abendgesellschaften,
denen seine Frauen und Sklavinnen beiwohnten, die ihm den Genuß des Weines durch
Musik, Gesang und Tanz erhöhten, ihn nicht mehr entbehren konnte. Harun wollte
ganz besonders in der Nähe seiner leidenschaftlich geliebten Schwester Abbasah,
von der er sich so wenig als möglich trennte, auch den Freund Djafar an seiner
Seite haben und um dieß, ohne daß der Anstand und die hergebrachten Sitten allzusehr
dadurch verletzt wurden, möglich zu machen, kam er auf den unglücklichen Gedanken,
sie miteinander formell zu vermählen, bedeutete doch dem Freunde, daß er nur
den Namen eines Gatten tragen, aber nicht auf die Rechte eines solchen Anspruch
machen dürfte. Abbasah aber liebte ihren Gatten mehr als ihren Bruder und wußte
mit Hülfe der Mutter Djafars es dahin zu bringen, daß Djafar, ohne es zu wollen,
seiner dem Chalifen versprochenen Entsagung untreu ward. Ihr Verhältniß blieb
dem Chalifen mehrere Jahre verborgen und das aus ihrer heimlichen Verbindung
hervorgegangene Kind oder Zwillingspaar ward in Mekka erzogen. Endlich ward
aber Abbasah von einer ihrer Sklavinnen, die ihr Geheimniß wußte, verrathen.
Harun reiste unter dem Vorwande einer Pilgerfahrt nach Mekka und ließ sich das
Kind seiner Schwester zeigen. Als dessen Aehnlichkeit mit Djafar ihn von der
Wahrheit der Aussage der Sklavin überzeugte, beschloß er das Verderben aller
Barmakiden, heuchelte jedoch die alte Freundschaft gegen dieselben bis zu seiner
Rückkehr nach Irak, beschenkte sie sogar noch an dem Tage vor ihrem Untergange
mit Ehrenkleidern und erst in der tiefen Nacht, als er in einem Orte in der
Nähe von Anbar sich befand, ließ er Djafar enthaupten, ohne ihn nur angehört
zu haben, seine Leiche verstümmeln und am Thore und auf der Brücke von Bagdad
aufpflanzen. Abbasah und ihre Kinder soll er nach einigen Berichten lebendig
haben begraben lassen. Jahja und seine anderen drei Söhne wurden festgenommen,
alle ihre und ihrer Verwandten Güter wurden eingezogen, er sowohl als
sein Sohn Fahdl endeten ihre Tage im Gefängnisse. - Gustav Weil,
Geschichte der Chalifen. In: Nachwort zu Paul Scheerbart, Der Tod der Barmekiden.
Arabischer Haremsroman. München 1987 (zuerst 1897)
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