rechheit Der Dada-Schwindel schreit zum Himmel. Er ist Frechheit und Dummheit zugleich. Er ist ein Scherz mit dieser Welt, die sich so leicht und so gern an der Nase herumführen läßt. Er ist ein Gruß aus dem Elysium, wo es den Menschen noch gut geht, wo keine Sorgen drücken. Er ist Verballhornung der schweizerischen Impotenz, Valutahohn. Nur, daß es Menschen gibt, die diesem Kinderspiel mit kritischer, verneinender Zurückhaltung folgen, statt die Travestie auf eine fürchterlich dumme Welt als das zu feiern, was sie eigentlich bezweckt, läßt die Dadaistenangelegenheit einen öffentlichen Streitfall werden.
Im alten Rom pflegten die Auguren zu lachen, wenn sie sich auf der Straße begegneten. Auch die Dadaisten schmunzeln, sobald sie unter sich sind. Worüber? Ganz sicher nur über die Dummheit der Mitwelt, die den Späßen einer ohnedies traurigen Gegenwart mit dem Ernst hochnotpeinlicher Stellungnahme begegnet und Kunst wittert, während der Schalk in der Kaffeehausecke kichert.
Ihr Freunde in Genf und in Zürich! Ihr haltet eine Welt
zum Narren! Ganz recht so, wenn diese Welt
es sich gefallen läßt. Gott grüße euer freches Handwerk!
E. K. [PRAGER TAGBLATT Nr. 234, 3. 10. 1920.] - Walter
Serner, Das Hirngeschwür. DADA. Gesammelte Werke II, Hg. Thomas Milch.
München 1988
Frechheit
(2)
Und die mich trug im Mutterleib, Sie scherzte nur und lachte laut,
Da kam der Wind, da nahm der Wind |
- Eduard Mörike
Frechheit
(3)
Musik.
Durchs Schilf glotzt der Behemot, Heilig, heilig, heilig ist der Herr!
Die Welt verfliesst, Ich schnarche.
Eine schwimmende Walfischheerde um Spitzbergen, Nanu?
Ein kleines Mädchen fin de siècle
Die Musik verstummt, Diese Frechheit! Das entzückende Balg kitzelt mich mit einer Pfauenfeder. „Sie . . . Alterchen . . . Bonbon gefällig?“ |
- Arno Holz,
Phantasus
(1898)
Frechheit
(4)
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