Frau, verstoßene  «Hab ich Ihnen von dem Anwalt erzählt, mit dem ich mal in Coconut Grove zusammengelebt hab?» Dalc wischte sich mit nassen Händen durch die Augen und mußte dann die trockene Ecke eines Geschirrtuchs benutzen, um die Seife aus den Augen zu entfernen. «Zwei Monate hatte ich mit ihm in seinem Apartment gewohnt, wissen Sie, und ich dachte, er hätte mich wirklich gern. Herrgott, jeden Morgen, bevor er in sein Büro ging, hab ich ihm einen geblasen, und nie hat er sich bei mir beschwert. Dann, eines Nachts, es war schon nach Mitternacht, sagte er: <Hol deinen Mantel. > Ich hatte ein Nachthemd an; also fing ich an, mich anzuziehen. Da sagte er: <Nein, nur den Mantel. > Ich hatte einen Pelzmantel, den er mir geschenkt hatte, aber den hatte ich noch nie getragen. Es war 'n guter Pelz - gefärbtes Kaninchen -, aber hier unten braucht man nie einen Pelzmantel. Jedenfalls, ich zog ihn über mein Nachthemd und schlüpfte in ein Paar Sandalen. Ich hatte kein Höschen, keine Strumpfhose und auch sonst nichts weiter an. Nur das Nachthemd un'd den Pelzmantel. Wir stiegen in seinen Mercedes, und er fuhr in die Stadt, zum Biscayne Boulevard, und da hielt er an und befahl mir, auszustcigen. Nichts weiter. Kein Wort des Lobes oder des Dankes - nichts. Und das nach zwei Monaten. Ich hatte keine  Handtasche, keine Kleider, kein Geld, nichts. Zu meinem Glück hielt gleich, nachdem er wcggefahrcn war, ein anderes Auto an - ein Vcrsicherungsmann aus Hialeah. Wir fuhren zu einem Motel in der 44th Street, und ich war wieder im Geschäft. Aber mein Leben lang bin ich immer wieder auf diese Weise verstoßen worden, und manchmal glaube ich einfach nicht, daß ich es noch mal aushalten könnte.»  - Charles Willeford, Seitenhieb. Reinbek bei Hamburg 1996
 

Frau

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