Frau, schreiende

 

- N. N.

Frau, schreiende (2)   Er wusch sich gerade die Hände, da ertönte ein schriller Schrei.

Valeria!

Er stürzte hinaus, ohne lange zu überlegen, was es sein konnte (der unbewußte Computer des erfahrenen Ehemannes verteilte 40% auf eine Ratte, 20% auf eine Fledermaus und den Rest zu ungefähr gleichen Teilen auf große Spinne, Tausendfüßler und Knöchelverstauchung), aber keinesfalls hätte er voraussehen können, was er sah: Valeria stand immer noch vor dem Fenster, und hinter ihr regte sich eine kleine dunkle Gestalt, die sie umschlungen hielt und gegen die Brüstung drückte.

Der Anwalt schrie ebenfalls auf und rannte los, um seine Frau von dem Hund zu befreien, der sie rücklings angefallen hatte, und sein Fuß war schon zum Tritt erhoben, als das Tier sich blitzartig aufrichtete: Flüchtig erschien ein dunkles Gesicht, ein dünner geteilter Schnurrbart, ein bleckendes Grinsen - und ein winziges Männchen, ein Zwerg, entfloh mit lautem Gelächter durch die langgezogene Galerie.

Schluchzend klammerte sich Valeria an ihn wie eine interessante Überlebende aus Sodom. Oder aus Gomorrha.  - Fruttero & Lucentini, Der Palio der toten Reiter, München 1989

 

Frau Schreien

 

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