Frau, platzende  Gogol stürzte sich plötzlich auf die von mir bereits erwähnte Pumpe und wie der Blitz auf Caracas. Schob ihr den Schlauch in den After und pumpte . . . Währenddem vergoß er Tränen und schrie wie wahnsinnig: «Ich liebe sie, mein Gott, ich liebe sie, meine Ärmste, meine Liebste! . . . Aber sie muß platzen. Erbärmliche Caracas, unglückseliges Gottesgeschöpf! Aber du mußt sterben», und so fort, in stetiger Wiederholung.

Caracas schwoll. Nikolai Wassiljewitsch schwitzte, weinte und pumpte. Ich wollte ihn zurückhalten, fand aber, ich weiß nicht warum, den Mut nicht dazu. Und sie verformte sich und wurde bald mißgestalt; aber noch gab sie kein Zeichen von Panik, war sie ja an derartige Scherze gewöhnt. Doch als sie sich unausstehlich voll fühlte oder gar Nikolai Wassiljewitschs Absicht ahnte, da bekam sie einen, wie ich sagen würde, blöden und verblüfften, schier flehenden Ausdruck, ohne dabei freilich von ihrem verächtlichen abzulassen: sie hatte Angst, bat fast um Gnade, aber sie glaubte noch nicht, konnte nicht an ihr bevorstehendes Schicksal und so viel Mut ihres Mannes glauben. Der aber sah ihr Gesicht nicht, denn er stand hinter ihr; ich aber sah sie wie gebannt an und vermochte doch keinen Finger zu rühren, Endlich brachte der Überdruck in ihrem Innern die dünnen unteren Schädelknochen zum Bersten, und ihr Gesicht verzerrte sich zu einem unbeschreiblichen Grinsen. Bauch, Schenkel, Taille, Brust und was ich vom Gesäß erkennen konnte, hatten unvorstellbare Ausmaße erreicht. Plötzlich rülpste sie und gab einen langen pfeifenden Seufzer von sich; wenn man so will, ist beides mit dem vorgenannten Luftdruck zu erklären, der sich mit Macht einen Ausgang durch das Ventil am Halse suchte. Als letztes verdrehten sich die Augen und drohten, aus ihren Höhlen zu quellen. Mit den auseinanderklaffenden Rippen, die nicht mehr vom Brustbein gehalten wurden, sah sie nun alles in allem wie ein Python aus, der einen Esel, was sage ich da, einen Ochsen, wenn nicht gar einen Elefanten herunterwürgt. Die Genitalien, rosa, weich und Nikolai Wassiljewitsch so lieb, traten in grauenerregender Weise hervor. In diesem Augenblick hielt ich sie bereits für tot. Nikolai Wassiljewitsch aber schwitzte, weinte und murmelte: O meine Liebste, meine Einzige, meine Beste! Und pumpte weiter.

Sie platzte unvermutet und sozusagen in ihrer Gesamtheit: es war also nicht nur ein Teil ihrer Haut, der nachgegeben hatte, sondern die gesamte Hautoberfläche zugleich. Und sie verteilte sich in der Luft. Die Fetzen sanken mehr oder weniger langsam zu Boden, je nach ihrer Größe; und diese war allemal sehr gering. Ich kann mich noch genau an ein Stück Wange mit etwas Mund erinnern, das an der Kante des Kaminsimses hängenblieb; und andernorts ein Schnipsel Brust mit Spitze. Nikolai Wassiljewitsch sah mich entgeistert an. Dann faßte er sich wieder und sammelte, von neuerlicher Rage ergriffen, ausnahmslos die armseligen Schnipsel auf, die einmal die glatte Haut, nein, überhaupt Caracas gewesen waren: «Adieu, Caracas», glaubte ich ihn flüstern zu hören, «Adieu, du hast mir allzu leid getan . . .» Und gleich darauf mit lauter Stimme: «Ins Feuer, ins Feuer! Auch mit ihr ins Feuer!»; und schlug ein Kreuz, natürlich mit seiner Linken. Als er all die schlaffen Fetzchen aufgelesen, ja, sogar oben auf den Möbeln zusammengesucht hatte, um kein einziges zu vergessen, warf er sie ins Kaminfeuer, woselbst sie allmählich und unsäglich übelriechend verbrannten. Wie alle Russen hatte auch Nikolai Wassiljewitsch die Manie, wichtige Dinge ins Feuer zu werfen.  - Tommaso Landolfi, Gogols Frau. Nach (land)

 

Frau, aufblasbare Platzen

 

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