Bildnis einer Frau im Bett Da sind meine Sachen Ich habe den Kram satt! Ich rühre keinen Finger Aber zwei Augen im Kopf Blut und Köpfchen, Meine zwei Buben? - War schließlich unbewohnt Helfen Sie mir meinetwegen, Der Landarzt Die Tür steht offen |
Frau im Bett (2) Die
Frau im Bett war seltsam aufgehängt; den Oberkörper, Beine und Arme
hoben seidig glänzende Netze in die Höhe. Die Gliedmaßen, die Brust und
auch der Kopf waren in einen luftigen Verband aus perforierter rosa
Gaze wie in eine Art Kokon gehüllt. Allein der untere Rumpf war nackt
und ruhte, Gesäß und Schenkelansatz breitgedrückt, das Laken spannend
und die Matratze dellend, gesund im Mittelfeld des Bettes. Ich stellte
meine Tüte auf das Nachtkästlein; durch den Riß im Papier lugte der
Stiel des Glücksküßchens hervor. Unsicher, wie es am besten zu
besteigen sei, schlich ich zweimal, schließlich ein drittes Mal um das
freistehende Bett herum. Die Tragnetze, die den oberen Teil des
wuchtigen, gewiß recht schweren Leibes in der Schwebe hielten, waren
mit Nylonschnüren, die über Rollen liefen, an einem Stahlgalgen
befestigt. Sein Querrohr ragte vom Kopf- bis an das Fußende des Lagers.
Die Liegende gab keinen Laut, ich hörte nur mein Tapsen, mein
stockendes Geschnaufe und mein Murmeln. Voll Ungeduld warf ich mir vor,
daß ich noch immer nicht ersah, wie man diese Konstruktion, ohne die
Netze zu zerreißen, durchklettern könnte. Aber während sich so die Tat
hinausschob, genoß ich auch wie eine Form von Vorfreude die innere
Sammlung, die ich, das Lager zum fünften und zum sechsten Mal
umkreisend, in mir wachsen fühlte. Fast schien ich mir vollendet
konzentriert, kein einziger Gedanke brach mehr aus der Spur, kein
Quentchen Energie würde der Durchführung des Geplanten verlorengehen.
Schließlich verstand ich, welchen Kriechweg ich vom Kopfende des Bettes
nehmen mußte, konnte mir ausmalen, wie ich zwischen den Nylonseilen in
Vierfüßler-Stellung wenden würde, um mich in gute Position zu bringen. -
Georg Klein, Barbar Rosa. Berlin 2001
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