rau,
großzügige
Eine von einem Unfall körperlich verunstaltete Frau zeigt
sich dem geliebten Mann nackt und so, wie sie ist, ohne überhaupt auf den Gedanken
zu kommen, sie könnte ihm abstoßend erscheinen oder seine Gefühle könnten darunter
leiden, vergehen . . . (Faden verloren, und natürlich den wichtigsten); also
das ist es, was ich eine großzügige Frau nenne. In Wirklichkeit liegt die wahre
Großzügigkeit vor allem oder im wesentlichen darin, dem andern großzügige Gefühle
zuzutrauen, d.h. sie nicht nur zu vermuten, sondern unbewußt und mit ganzer
Seele als selbstverständlich vorauszusetzen. (Doch der verlorene Faden raubt
dieser vernünftigen Betrachtung irgend etwas.) Überflüssig, hinzuzufügen, daß
dagegen eine Frau, die sich in der geschilderten Situation auf irgendeine Weise
verstellt, das ist, was ich eine kleinliche Frau nenne. Tatsächlich bangt sie
um die Gefühle des andern, so es nicht um etwas Niedrigeres geht, d. h. so sie
nicht sogar um ihre eigenen Gefühle bangt. Die Großzügigkeit bestünde, allgemein
gesagt, in der Möglichkeit, in der natürlichen Fähigkeit, an die Gefühle zu
glauben. Tatsächlich ist jeder Zweifel oder Verdacht kleinlich (hier erscheint
die Sache deutlicher; und das Leben des Geistes muß nicht von ungefähr kleinlich und mitleidlos
sein). Folglich ist, kann man a latere wieder beginnen, die Großzügigkeit etwas
Künstliches, da es in der Natur nicht die Gefühle gibt, wie wir sie verstehen;
sie ist etwas Schönes und Gutes innerhalb einer bestimmten Kultur des Geistes,
nicht absolut gesehen (übrigens eine schöne Entdeckung). Von da aus in jedem
Fall die Möglichkeit, die Großzügigkeit selbst und vergleichbare Gefühle
zu übersteigen; und, mit einem der üblichen intellektuellen Spielchen, den fast
kleinlichen Charakter der Großzügigkeit, das heißt des vornehmsten aller Gefühle. Unnütz, darauf
hinzuweisen, daß ich versuche, die Großzügigkeit auf ihre ureigenste Bedeutung
zurückzuführen, und daß ich hier nicht die Frage nach der Güte stelle, die im
Gegensatz dazu ein Wert der Relation ist. Die Frau, von der oben die Rede war,
ist z.B. allein mit Hilfe ihrer eigenen Gefühle großzügig. (Was für eine Anhäufung
von aufdringlichen Albernheiten, von falschen Implikationen, falschen Explikationen,
von willkürlichen Beziehungen. Etwas in der Art muß ich schon ein anderes Mal
ein bißchen besser gesagt haben, oder zumindest in ein paar Worten. Auf jeden
Fall ist nicht einzusehen, warum ich mich darauf versteift habe, von Großzügigkeit
zu sprechen, wo man generell von Lauterkeit sprechen müßte.) -
(land3)
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