Frau, faulende  Der Franzose war von einer ganz verrückten Neigung zur Schiffersfrau entflammt und vermochte es nicht einmal zu verbergen. Er sagte es uns allen ganz offen. Ich liebe sie, ja, Gott helfe mir, wie ich sie liebe! sagte er mehrmals am Tage.

Einer von den Negern, den wir den ›Doktor‹ nannten, weil er in seiner ersten Jugend ein wenig Medizin studiert hatte, war auch heftig verliebt in sie; ich hätte ihn damals, als er es mir erzählte, auf der Stelle, nur aus Eifersucht, totschlagen können. Denn auch mir erging es nicht besser.

Aber sie selbst ging mager und stumpfsinnig und schrecklich schmutzig umher und merkte nichts von dem allen. Uns würdigte sie keines Blickes. Einmal, als ich etwas auf Achterdeck zu tun hatte, wo sie auf ihrem Feldstuhl saß und gerade vor sich hin starrte, stolperte ich über eine Tauhaspel und wäre beinahe gefallen. Das ärgerte mich so, daß ich mich umdrehte und diese Tauhaspel ganz dumm und geistesabwesend anstarrte, statt weiterzugehen, und ich muß entschieden sehr lächerlich ausgesehen haben. Warum lachte sie denn nicht. Und warum sah sie mich die ganze Zeit an, wenn es nicht geschah, um zu lachen? Sie hatte nach nichts Verlangen; es verzog sich keine Miene in ihrem Gesicht. Sie verfault! sagte van Tatzel in seiner falschen Sprechweise; weiß Gott, sie verfault sehr! - Knut Hamsun, Auf den Bänken bei Neufundland. Sämtliche Romane und Erzählungen Bd. 5. München 1977

 

Frau Faulen

 

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