rau,
berühmte Jetzt will ich Ihr nur sagen, daß ich gestern mit der Staël
zu Nacht gegessen hab' in Mainz; keine Frau wollt' neben ihr sitzen bei Tisch,
da hab' ich mich neben sie gesetzt; es war unbequem genug, die Herren standen
um den Tisch und hatten sich alle hinter uns gepflanzt, und einer drückte auf
den andern, um mit ihr zu sprechen und ihr ins Gesicht zu sehen; sie bogen sich
weit über mich; ich sagte: »Vos Adorateurs me suffoquent«, sie lachte. – Sie
sagte, Goethe habe mit ihr von mir gesprochen; ich blieb gern sitzen, denn ich
hätte gern gewußt, was er gesagt hat, und doch war mir's unrecht, denn ich wollt'
lieber, er spräch' mit niemand von mir; und ich glaub's auch nicht, – sie mag
nur so gesagt haben; – es kamen zuletzt so viele, die alle über mich hinaus
mit ihr sprechen wollten, daß ich's gar nicht länger konnte aushalten; ich sagt'
ihr: »Vos lauriers me pèsent trop fort sur les épaules.« Und ich stand auf und
drängt' mich zwischen den Liebhabern durch; da kam der Sismondi, ihr Begleiter,
und küßt' mir die Hand, und sagte, ich hätte viel Geist, und sagt's den andern,
und sie repetierten es wohl zwanzigmal, als wenn ich ein Prinz wär', von denen
findet man auch immer alles so gescheit, wenn es auch das Gewöhnlichste wär'.
– Nachher hört' ich ihr zu, wie sie von Goethe sprach; sie sagte, sie habe erwartet,
einen zweiten Werther zu finden, allein sie habe sich geirrt, sowohl sein Benehmen
wie auch seine Figur passe nicht dazu, und sie bedauerte sehr, daß er ihn ganz
verfehle; Fr. Rat, ich wurd' zornig über diese Reden (»das war überflüssig«,
wird Sie sagen), ich wendt' mich an Schlegel und sagt' ihm auf deutsch: die
Frau Staël hat sich doppelt geirrt, einmal in der Erwartung, und dann in der
Meinung; wir Deutschen erwarten, daß Goethe zwanzig Helden aus dem Ärmel schütteln
kann, die den Franzosen so imponieren; wir meinen, daß er selbst aber noch ein
ganz andrer Held ist. – Der Schlegel hat unrecht, daß er ihr keinen bessern
Verstand hierüber beigebracht hat. Sie warf ein Lorbeerblatt, womit sie gespielt
hatte, auf die Erde; ich trat drauf und schubste es mit dem Fuß auf die Seite
und ging fort. – Das war die Geschichte mit der berühmten Frau; hab' Sie keine
Not mit ihrem Französisch, sprech' Sie die Fingersprach' mit ihr und mache Sie
den Kommentar dazu mit ihren großen Augen, das wird imponieren. - Bettine von Arnim an Frau Rat Goethe
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