raternisation   Eine wichtige  Rolle spielt die Fraternisation, die stattfindet, wenn Menschen ohne soziale Bindung aneinander sich plötzlich gegenseitig Hilfe leisten und eine Gegenkultur gegen das System entwickeln, welches sie zwangsweise zu einer einzigen, egalitären Schicksalsgemeinschaft vereinigt. Der Neuling orientiert sich anfangs oft an den falschen Auffassungen, die das Personal über den Charakter der Insassen hegt. Bald aber stellt er fest, daß seine Kameraden zumeist normale, manchmal sogar nette Leute sind, die alle Sympathie und Solidarität verdienen. Die Verbrechen, die jemand in der Außenwelt begangen haben mag, können nun nicht mehr als Maßstab zur Beurteilung seiner persönlichen Eigenschaften dienen - eine Erfahrung, die Kriegsdienstverweigerer häufig im Gefängnis machen konnten.  Hinzu kommt, daß die Insassen, wenn ihnen irgendwelche Verbrechen gegen die Gesellschaft zur Last gelegt werden, mit ihren Kameraden nicht nur deren Schuldgefühle, sondern auch deren hochwirksame Abwehrmechanismen gegen solche Gefühle teilen können. Es entwickelt sich ein gemeinsames Gefühl, zu Unrecht verfolgt zu sein, und ein Gefühl der Verbitterung über die Außenwelt . - Irving Goffman, Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt am Main 1973 (es 678, zuerst 1961)
 
 

Zusammenhalt Verbrüderung

 

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