öhn Ich hatte noch nie den Föhn erlebt: Alle Farben begannen zu fiebern, das unbegreifliche Grün eines Hanges, das greller und immer greller heraufstach, maigiftgrün überm Grün der Kuppeln, verwesendes erblühendes Kupfer, aus dem grauen Stein brachen die tausend Farben, die im Granit und im Marmor schlafen, der Schnee blendete unter dem glühenden Himmel, versengendes Blau; ich sah es noch nie.- Der Fluß wallte, sein Dunst beschlug die Adern; purpurne Schleier vor den Augen, da sah ich den Engel schon nicht mehr. - Hämmern im Schädel, stechendes Dröhnen; der Abgrund dampfte als wüster Schall. - Ich wankte die Stufen des Bergs hinunter, Mönche stiegen mir entgegen, schwarze, braune, weiße Kutten, Franziskaner, Augustiner, Kapuziner, Jesuiten, sie schienen sich aus dem Fels zu schrauben; im Stein die Kirchen; im Stein das Bordell.- Eine riesige Katze im kalkweißen Fenster; das unbegreifliche Wehen der Autos, oder waren es Flaggen, die Stadt flaggte schwarz, Rasen der Glocken, und in der Nacht hatte ich einen Traum: Rosse stiegen aus einem Brunnen und wälzten mich durch den Stein der Stadt und stürzten mich in die rotschäumende Salzach, die ihr Steinbett über mir schloß.
Beim Frühstück las ich vom Föhn in der Zeitung, es sei ein schwerer Föhn
gewesen, Verkehrstote seien zu beklagen, und ich dachte an eine Vermißtenanzeige:
Ein Engel, bejahrt, kotbeschmutzte Flügel, entzündete Lider; ich würde ihn doch
nicht wiedersehn. - Franz Fühmann, Unterrichtung und Erfahrung: Kaukasus
und Salzburg. Nach: F.F., Den Katzenartigen wollten wir verbrennen. München
1988 (dtv 10844)
Föhn (2)
VORSTADT IM FÖHN Am Abend liegt die Stätte öd und braun, Geduckte Hütten, Pfade wirr verstreut, Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor.
Und ein Kanal speit plötzlich feistes Blut Ein Flüstern, das in trübem Schlaf ertrinkt. Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen, |
- Georg Trakl
Föhn (3)
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