luxionsrechnung
Nehmen wir Antonius in Ägypten. Er ist dort zwei Leidenschaften
preisgegeben: dem Ehrgeiz, der ihn zur Herrschaft drängt, und der Liebe,
die ihn von diesem Wege abbringt. Ich stelle diese beiden Richtungen durch zwei
Linien dar, AB und AC, die in einem beliebigen Winkel zueinander stehen. Die
Linie AB soll des Antonius Liebe zu Kleopatra bedeuten und ist kürzer als die
Linie AC, weil Antonius im Grunde weniger Liebe als Ehrgeiz besaß. Setzen wir
den Fall, der Ehrgeiz sei dreimal stärker. Ich nehme also die Strecke AB, übertrage
sie dreimal auf die Linie AC, ergänze die beiden Strecken zu einem Parallelogramm
und ziehe die Diagonale, die als Resultante sehr genau die neue Aktionsrichtung
darstellt, wie sie sich aus den in Richtung B und C wirkenden Kräften ergibt.
Diese Diagonale wird sich immer mehr der Linie AB nähern, je mehr Liebe man
voraussetzt und je länger man demnach die Linie AB zeichnet. Dagegen wird sich
die Diagonale immer mehr der Linie AC nähern, je mehr Ehrgeiz man annimmt. (Augustus
zum Beispiel, der die Liebe gar nicht kannte, ließ sich von der auf Punkt C
gerichteten Linie überhaupt nicht abbringen und gelangte, obgleich er mit weniger
Energie begabt war, viel schneller dorthin.)
Da aber die Leidenschaften sich allmählich steigern oder vermindern, muß
sich auch die Form des Parallelogramms ändern: der Endpunkt der Resultante,
also der Diagonale, beschreibt in allen Fällen eine Kurve, und mein Vater wandte
darauf die Differentialrechnung an, die man damals Fluxionsrechnung nannte.
- (
sar
)
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