Flußgeist  Als Mariana, ein Jesuitenpater, über den Parana fuhr, der seinem großen Fall zuraste, sprach ihn der Flußgeist an. Aus einer braunen Welle erhob er sein zorniges Antlitz an einem dicken Schlangenleib, rasselte, zischte, spritzte ihn an. Mariana erschrak. Die Dunklen im Boot hatten die Schlange auch bemerkt und ruderten rasend. Die Schlange verfolgte sie. Da überließ Mariana die Gefährten nicht ihrem Verderben. Er redete, während die andern die Augen zukniffen, schrien und sich anfeuerten, zu der Schlange. Sie wunderten sich, daß er ihre Sprache kannte. Er sagte, er werde ihr Geschenke bringen, sobald sie am andern Ufer seien.

Da warf die Schlange Schaum gegen sein Gesicht und leckte das Wasser. «Meine Schwester Sukuruja hat mir von Weißhäutigen, wie du bist, berichtet. Ihr seid böse Geister, die den Tieren und Pflanzen das Leben stehlen. Es muß wohl sein, weil ihr selbst kein Leben habt. Man tut gut, euch zu töten.» «Hör nicht darauf, was man dir sagt, großer Flußgeist. Viele von uns sind schlecht, viele arm, ich liebe euch und will euch euer Leben nicht stehlen. Ich mag nicht ohne euch leben.» «Du bist auch ohne Leben und mußt morden. Was willst du mir opfern?» «Was du verlangst, großer Flußgeist.» Die Schlange rasselte hoch und Überschüttete das Boot mit Wasser, die Ruderer kreischten, der Steuermann ließ die Stange fallen und stürzte vornüber ins Boot. «Dann will ich dich lieber gleich holen.» Und sie fiel auf Mariana und ringelte sich um ihn und zog ihn über Bord. «Jetzt bin ich deiner sicher.»

Er klagte sie auf dem felsigen Grund an, schluchzte, jammerte nach seinen Gefährten, dann blickte er sich um, im Wasser, auf dem Grund, dann wurde ihm vieles klar, und dann war er nicht mehr Mariana.   - Alfred Döblin, Amazonas-Trilogie. Bd.2, Der blaue Tiger. München 1991

 

Geister Wassergeist

 

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