Fliegenhaus   Haussinn zeigte sich in den Phantasien des Knaben; die jungen Schwalben pries er glücklich, weil sie in ihrem ummauerten Neste innen so heimlich sitzen konnten in der Nacht - Wenn er in den großen Taubenschlag auf dem Dache hineinstieg, so war er in diesem Zimmer voll Zimmerchen oder Taubenhöhlen ordentlich wie zu Hause und die Antlitzseite war ihm ein Louvre oder Eskurial im kleinen. Ich fürchte nur, man läßt es mir selber entgelten, wenn ich die kindische Kleinigkeit in meine Vorlesungen aufnehme, daß er ein vollständiges Fliegenhaus aus Ton, eigentlich einen Palast erbauete, so lang und so breit wie eine Männerfaust und um etwas höher; es war aber das ganze Speisehaus rot angestrichen und mit Dinte in Ziegelquader abgeteilt, innen mit zwei Stockwerken, vielen Treppen mit Geländern und Kammern, einem geräumigen Dachboden versehen, außen aber mit Erkern und Vorsprüngen und sogar mit einem Rauchfange versorgt, welchen ein Glas zudeckte, damit nicht statt des Rauchs die Fliegen hinauszögen. Nirgends waren Fenster gespart und das Schloß, durfte man behaupten, bestand weit mehr aus Fenster als aus Mauer. Wenn nun Paul so die unzähligen Fliegen in diesem weiten Lustschloß treppauf treppnieder in alle große Zimmer und dann gar in die niedlichen Erkerchen laufen sah: so macht' er sich eine Vorstellung von ihrer häuslichen Glückseligkeit und wünschte selber darin an den Fenstern mitzulaufen und er setzte sich an die Stelle der Hausbesitzer, welche aus den weitesten Zimmern sich in die niedlichsten engsten Kämmerchen und Erkerchen zurückziehen konnten. Wie unbedeutend und klein mußt' ihm dagegen das Pfarrhaus vorkommen!   - Jean Paul, Selberlebensbeschreibung
 
 

Haus Fliege

 

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