lickschneider  Romiche war einer jener Flickschneider, die die Pachthöfe abklappern, um die Kleidung auszubessern. Man hatte ihn seit zwei Wochen im Haus.

Bucklig und rotäugig, machte er seine körperlichen Mängel durch einen clownesken Humor wett. In Abwesenheit der Hausherren trieb er Schabernack mit Marcel und Victorine, indem er ihnen Schwanke erzählte, die Zunge bis zum Kinn herausstreckte, den Kuckuck nachahmte, den Bauchredner mimte, und abends legte er sich, um sich die Herbergskosten zu sparen, in der Backstube schlafen.

Eines Morgens aber ging Bouvard, als er zu sehr früher Stunde eine Anwandlung von Arbeitslust verspürte, sich Späne holen, um sein Feuer zu entfachen.

Das Bild, das ihm da vor Augen trat, ließ ihn zu Stein erstarren.

Hinter den Trümmern der Truhe schliefen auf einer Lage Stroh - Romiche und Victorine, eng umschlungen.

Er hatte ihr den Arm um die Taille gelegt - und seine andere Hand, lang wie die eines Affen, umfaßte ihr Knie, die Augenlider halb geschlossen, das Gesicht noch in der Ekstase der Wollust verzerrt. Sie lächelte, auf dem Rücken ausgestreckt. Der Ausschnitt ihres Mieders ließ den kindlichen Busen frei, der mit roten Flecken von den Zärtlichkeiten des Buckligen übersät war. Ihre blonden Haarflechten hingen herab, und die Helligkeit der Morgendämmerung warf ein fahles Licht auf die beiden. - Gustave Flaubert, Bouvard und Pécuchet. Frankfurt am Main 2003 (Die Andere Bibliothek 222, zuerst 1881)

Schneider
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