Fleischhunger 

Es hungert ihn nach Fleische.

ACh weh! wie hungert mich / wo krieg ich neue krafft /
Wo find ich einen koch / der mir zu essen schafft?
Der fleisch kram ist zwar offen /
Jch aber weiß nicht wohl /
Wo ich was gutes hoffen
Und mich vergnügen soll.

2. Putt-hüngen fleisch ist weich / und gehet niedlich ein /
Es mag auch gut genung vor schwache mädgen seyn /
Doch wann die liebe speise
So zart und schlappricht sieht /
Verliert man auf die weise
Gar leicht den appetit.

3. Das kalb-fleisch ist noch jung / u. beist sich lieblich an
Wenn man die eutergen mit unterschneiden kan /
Doch wen es an der mutter
Nicht lang gewesen ist /
So ist es auch ein futter /
Darnach mich nicht gelüst.

4. Das rind-fleisch ist gemein / und wird sehr hoch beliebt /
Dieweil es guten Safft / und volle nahrung giebt:
Es hält vortreflich wieder /
Doch dieses gute lob
Jst nicht vor schwache glieder /
Was starck ist / das ist grob.

5. Das Schöpsenfleisch ist nett / doch wann mans essen wil /
So machts im leibe nicht die geister gar subtil /
Der schmack ist auserlesen /
Indessen ist es doch /
Ein tummes schaaf gewesen /
Und hat den schaafs-kopff noch.

6. Das schweinen-fleisch ist süß / jedoch mir graut dafür /
Es ist um eine sau gar zu ein garstig thier /
Drum will mirs nicht zu sinne /
Da klebt ein bißgen koth /
Da sitzet eine finne.
Da ist es sonsten roth.

7. Das wilpert ist nicht schlim / ich hätt es länst bestellt
Doch es bedarff viel speck und kost ein haufen geld /
Das ist mein gröster tadel /
Drum denck ich nicht dahin /
Dieweil ich nicht von adel
Noch groß von mitteln bin.

8. Wiewohl ich tadle nicht das essen gar zu scharff /
Wer nur nicht esel-fleisch aus noth gebrauchen darff /
Der wird noch nicht verderben:
Es weist sich manchmahl aus /
Eh man wil hunger sterben /
So fängt man eine mauß /

9. Jetzt geh ich in den kram / und suche guten rath /
Wer weiß / wer schon das fleisch zuvor beschnuppert hat /
Man muß sich doch begnügen /
Es wird doch alls bezahlt /
Und hätten es die fliegen
Gantz sprenglich ausgemahlt.

10. Jch halte / mancher kriegt ein olle putterie /
Sie schmeckt nach allerley / und gleichwohl lobt er sie /
Drum will ich mich beqvemen /
Und will in kurtzer frist
Das erste bißgen nehmen /
Das mir bescheret ist. 

  - Christian Weise, nach: Lyrik des Barock II. Hg. Marian Szyrocki. Reinbek bei Hamburg 1971 (rk 539)

Fleischhunger (2)

- N. N.

 

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