F></a><em>laschenorakel 
 </em><p align= laschenorakel  Mitten im Tempel war ein Brunnen aus feinem Alabasterstein, in heptagonischer Figur, von sonderbarer Arbeit und Bekleidung, voll so klaren Wassers, als nur ein einfach Element in seiner Lauterkeit zu finden. Halb in demselben stand die hoch gebenedeite Boutelg, in lauter schönen spiegelhellen Kristall gekleidet, eirund von Gestalt, nur daß die Mündung dran um ein klein wenig offener war als sonst zu dieser Form sich schicket.

Da ließ die edle Priesterin Bakbuk Panurgen bücken, den Brunnen-Rand küssen, dann wieder aufstehn und ihn um den Brunnen drei Ithymbus tanzen. Als dies vollbracht, befahl sie ihm, sich mit dem Hintern an die Erd zwischen zwei Stühl sanft nieder zu setzen, die schon dazu in Bereitschaft stunden. Schlug dann ihr Ritualbuch auf, blies ihm ins linke Ohr und ließ ihn, folgendes Epilenion singen:

Nachdem dies Lied gesungen war, warf Bakbuk, ich weiß selbst nicht was in den Brunnen; da fing das Wasser auf einmal zu sieden und zu schäumen an, recht wie der große Klosterkessel in Bourgueil, wenn dort Stabsfest ist. Panurg horcht' still mit einem Ohre; Bakbuk kniet' neben ihm: als plötzlich der unsterblichen Boutelg ein Laut entfuhr wie Bienensummen, wenn sie aus dem nach Aristäi Kunst und Erfindung totgeschlagnen und zugerichten jungen Stier herfürgehn, oder wie ein Pfeil, wenn der Ballester abschnappt, oder wie ein stark traischender Sommerregen. Dann ward gehört das Wörtlein: TRINK.

»Bei Gottes Wunder!« rief Panurg, »die ist geborsten oder geplatzt, daß ich nicht lüg; denn die Sprach führen die Glasboutelgen bei uns auch, wenn sie am Feuer springen.«

Jetzo erhub sich Bakbuk, nahm Panurgen sanft untern Arm und sprach zu ihm: »Freund, dankt dem Himmel; denn es ist nicht mehr als billig: das Orakel der göttlichen Boutelg ist euch sehr bald geworden und zwar das aller lustigste, untrüglichste, göttlichste, von allen, die ich noch in der ganzen Zeit, daß ich m ihrem Heiligtum hie ministriere, von ihr gehört hab.« - (rab)

Flaschenorakel (2) Ich habe ganz vergessen, lieber Leser, dir zu sagen, daß Jakob stets eine Korbflasche voll des besten Weines mit sich führte; sie hing an seinem Sattelbogen, und jedesmal, wenn ihn sein Herr mit irgendeiner langfädigen Frage unterbrach, nahm er seine Flasche vor, trank daraus einen Schluck und hängte sie erst wieder an ihren Platz, wenn sein Herr mit seiner Fragerei zu Ende war.

Ich habe auch noch vergessen, dir zu sagen, daß er jedesmal, wenn er nachdenken und überlegen mußte, zuerst nach seiner Flasche griff. Mußte er eine Frage der Moral lösen, eine Tatsache bereden, zwischen zwei Wegen wählen, welchen er einschlagen wollte, irgendeine Angelegenheit anschneiden, durchführen oder abschließen, Vorteile oder Nachteile einer politischen Machenschaft, einer Handels- oder Finanzspekulation abwägen, Weisheit oder Unsinn eines Gesetzes, den Ausgang eines Krieges überdenken, ein Absteigequartier wählen oder in einer Herberge ein Zimmer aussuchen, in diesem Zimmer ein Bett für sich bestimmen, so hieß immer sein erstes Wort; »Befragen wir einmal unsere Flasche.« Und sein letztes Wort lautete: »Dieser Ansicht sind wir, meine Flasche und ich.« Sprach in seinem Kopf das Schicksal nicht und blieb es stumm, so suchte er bei seiner Flasche Rat; sie war eine Art tragbare Pythia, sie schwieg, sobald sie leer war. Zu Delphi saß die Pythia mit gerafften Röcken und bloßem Hinterteil auf ihrem Dreifuß und empfing ihre Eingebungen von unten nach oben. Jakob aber saß auf seinem Roß, hielt den Blick zum Himmel gewandt und seine Flasche entkorkt gegen seinen Mund geneigt und empfing seine Eingebung von oben nach unten. Wenn die Pythia und Jakob ihre Orakel von sich gaben, waren sie beide berauscht. Er behauptete sogar, der Heilige Geist sei in einer Kürbisflasche über die Apostel gekommen, und nannte Pfingsten das Fest der Flaschen. Er hat auch einen kleinen Traktat hinterlassen über Wahrsagungen aller Art, ein tiefsinniges Traktätchen, in dem er der Wahrsagung der Bacbuc durch Schütteln der Flasche den Vorzug gibt. Er wandte sich darin, trotz der großen Verehrung, die er für ihn hegte, gegen den Pfarrherrn von Meudon, der die göttliche Bacbuc durch Schütteln des Flaschenbauchs befragte. »Ich liebe Rabelais und verehre ihn«, sagte er, »aber die Wahrheit ist mir noch teurer als Rabelais.« Er nannte ihn einen ketzerischen Engastrimythen, und bewies mit tausenderlei Gründen, von denen einer besser war als der andere, daß die wahren Orakel der Bacbuc oder der Flasche durch den Flaschenhals ausgesprochen wurden. Er zählte unter die vornehmsten Anhänger der Lehre Bacbucs, unter die wahrhaft Erleuchteten der Flasche in den letzten Jahrhunderten: Rabelais, La Fare, Chapelle, Chaulieu, La Fontaine, Molière, Panard, Gallet, Vade. Plato und Jean-Jacques Rousseau, die den guten Wein rühmten, freilich ohne ihn zu trinken, sind nach seiner Ansicht falsche Anhänger der Flasche. - (jak)

Flasche Orakel

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