euilletonist  Er erzählte von einem Sanatorium, wo er sechs Wochen geweilt hatte, einer Erholungsstätte im Stil einer Lungenheilanstalt mit Veranden und kleinen Balkons wie im Zauberberg. Dort war er einem Schriftsteller begegnet, den Eugen seinerzeit in Heidelberg gesehen hatte und der im Adreßbuch als »Feuilletonist« verzeichnet gewesen war. Wie der wohl den Krieg überstanden hatte? - »Das kann ich Ihnen genau sagen«, erwiderte Doktor Pesach und berichtete, daß der als Offizier im Führerhauptquartier mit dem Kriegstagebuch beschäftigt gewesen sei, schließlich aber - angeblich wegen antinazistischer Äußerungen, wahrscheinlich aber, weil er (und dies bestreite er heute noch) seine zumindest halbjüdische Herkunft verschwiegen habe, ins Heidelberger Gefängnis gebracht worden sei und sich seiner vielfältigen und vielverzweigten Verbindungen wegen, die bis zur Regierungsspitze gereicht hätten - bald wieder daraus befreit habe. Jetzt spielte er eine beachtliche Rolle, auch schon dort im Sanatorium, besaß einen Verlag und wurde von einem Damenflor umschwärmt, wie's zu einem gehörte, dem das Bohemehafte im Blut lag. Und Eugen sah in seiner Erinnerung diesen Mann traurigen Gesichts über die krachenden Bretterböden der Heidelberger Universitätsbibliothek traben und hörte eine angeblich vierteljüdische Studentin des Dolmetscher-Instituts erzählen, er habe zu ihr gesagt, er sei nackt sehr schön und es würde mit ihm recht erfreulich werden; was vielleicht zutraf, nur hatte halt die vierteljüdische Studentin keine rechte Lust dazu.   - Hermann Lenz, Tagebuch vom Überleben und Leben. Frankfurt am Main 1981 (st 659, zuerst 1978)

Feuilletonist  (2) In Deutschland haben wir eine Menge Gelehrte die sich, wie man zu sagen pflegt, geschwinde in ein Fach hineinwerfen können, diese Leute wundern sich heimlich über sich selbst, daß sie so bald imstande sind über eine Materie zu schreiben. Sie werden Polygraphen, ehe sie sich dessen versehen. Sie bekommen einen Ruhm, allein fast immer werden sie mehr von Unwissenden und Halberfahrnen angestaunt, der eigentliche Mann des Fachs lächelt bei ihren Arbeiten, die der Wissenschaft selbst nicht einen Pfennig eintragen. Sie gegenteils sind blödsinnig genug diesen ihnen versagten Beifall des Kenners für Neid zu halten. Unsere meisten Schriftsteller sind von der Art, man darf es kühn behaupten. Sie sind vortrefflich um von ihnen zu sprechen, denn auch unter diesen hervorzuragen ist eine Ehre, wenigstens in dem Lande wo es Mode ist auf diese Art gelehrt zu sein, allein Vorteil bringen sie der Wissenschaft sicherlich nicht. Um in einer Wissenschaft so zu schreiben, daß man nicht bloß die Menge staunen macht, sondern den Beifall des Kenners erhält und der Wissenschaft selbst etwas zulegt, um dieses zu tun, sage ich, muß man sich ihr allein widmen, und zu gewissen Zeiten selbst nur einzelne kleine Teile derselben bearbeiten. Unsere Gelehrten werden gewiß von andern ähnlichen wieder verdrangt, und so fort. Sie sterben am Abend des Tages, da sie in der Sonne schimmerten und spielten, zu Tausenden dahin und werden vergessen.  - (licht)

Schriftsteller Feuilletonismus

 

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