euilletonismus  Wie die "Mythen des Alltags" zähle ich zu den Meisterwerken des avancierten Kulturdiskurses, des Feuilletons,  Pierre Bourdieus ausgreifende Untersuchung über die Distinktion als Basismechanismus des Kulturkonsums. Wobei Bourdieu zeigen kann, dass zwischen  Mozart und Ray Conniff ebenso unterschieden wird wie zwischen spitzen Schuhen und runden. Die Distinktion herrscht umfassend. Wer P. und anderen jungen Leuten zuhört, wie sie ihre Klamotten oder ihren Musikgeschmack erörtern, findet die Barbaren dort unten in den Wäldern ununterbrochen mit Distinktion befasst, was wertvoll, was weniger wertvoll, was wertlos sei, was beim Anziehen oder Anhören Abscheu bis zur Allergie hervorrufe (die jungen Leute tragen ja gern dick auf). Bloß finden sich dann andere Konsumenten mit anderen Wertschätzungen, und so treibt die Distinktion den Kulturkonsum und -diskurs unablässig weiter. Und an diesem Distinktionsspiel nimmt halt auch der Kulturpessimist teil, das Hochfeuilleton. So aber lässt sich der substanzielle Wert etwa der Barockarchitektur unmöglich zeigen - schon mir nicht, der sie verabscheut und die Karlskirche in Wien allenfalls als Manifestation eines hysterischen Katholizismus einschätzen kann.

In der Tradition des Kulturpessimismus seit dem 19. Jahrhundert findet sich noch eine zweite Möglichkeit, dem Wald der Kulturdiskurse - was Heidegger das Gerede des "Man" nennt -  zu entkommen. Es ist das Schweigen. - Michael Rutschky, Diskurs über den Döner. Die Erfindung des Kulturoptimismus: Alle reden vom Verfall - wir nicht. Ein Essay zur Lage. In: Tagesspiegel 5. Jan. 2003

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