erkel  Es war einmal eine Frau, die hatte drei kleine Ferkelchen. Sie sprach zu ihnen:

»Lauft mir ja nicht davon, denn morgen werdet ihr geschlachtet

Die drei kleinen Ferkelchen aber haben die Wand ihres Stalles niedergerissen und sind in den Wald gelaufen.

Das eine baute sich dort ein Häuschen aus Blättern, das andere ein Häuschen aus Holz und das dritte ein Häuschen aus Eisen. Dann haben sie sich darin schlafen gelegt.

Über Nacht aber ist ein Wolf gekommen. Er hat an das Blätterhäuschen geklopft.

»Mach auf die Tür, oder ich pupe und furze hinein!«

Das kleine Ferkelchen hat ihm geantwortet:

»Furze du nur, ich öffne meine Tür nicht zu so ungewohnter Stunde.«

Der Wolf hat gepupt, er hat gefurzt; das Haus ist aufgeflogen; dann hat er das kleine Ferkelchen gefressen.

Er ist zum Holzhäuschen gegangen; er hat angeklopft und gesagt: »Mach auf die Tür, oder ich pupe und furze hinein.«

»Furze du nur, ich öffne meine Tür nicht zu so ungewohnter Stunde.«

Der Wolf pupt und furzt; das Haus ist aufgeflogen; dann hat er das kleine Ferkelchen gefressen.

Er ist zum Haus aus Eisen gegangen; er hat geklopft und gesagt:

»Mach auf die Tür, oder ich pupe und furze hinein.«

»Furze du nur, ich öffne meine Tür nicht zu so ungewohnter Stunde.«

Der Wolf pupt und furzt, aber das Haus ist nicht aufgeflogen.

Da steigt der Wolf aufs Dach, um durch den Schornstein hineinzukommen; aber dort ist er steckengeblieben.

Da hat das kleine Ferkelchen schnell, schnell seinen Schürhaken glühend gemacht und ihn dem Wolf in den Hintern gesteckt. Der Wolf schrie:

»Au, mein Hintern! Au, mein Hintern! Au, mein Hintern

Und so wurde das kleine Ferkelchen nicht gefressen.  - Französische Märchen. Hg. Ré Soupault. Düsseldorf u. Köln 1967

Ferkel (2)  Er sah sich mit den Zügen eines jungen Schweins mit speckigem, unbehaarten Fleisch. Gemeinsam mit den anderen Ferkeln wurde er in einen riesigen dunklen Tunnel mit verrosteten Wänden getrieben, der die Form eines Hohlwirbels hatte. Die Strömung des Wassers, die ihn weitertrieb, war nicht sehr stark, manchmal gelang es ihm, die Beine auf den Boden zu stellen; dann kam eine stärkere Welle, und wieder wurde er ein paar Meter tiefer gezogen. Manchmal sah er das weißliche Fleisch eines seiner Gefährten, der durch den Sog roh nach unten gezogen wurde. Sie kämpften im Dunkeln, in völliger Stille, die nur ab und zu kurz vom Scharren der Hufe an den Metallwänden unterbrochen wurde. Als er weiter nach unten gelangte, hörte er jedoch ein dumpfes Maschinengeräusch, das aus den Tiefen des Tunnels heraufdrang. Nach und nach wurde ihm klar, daß der Strudel sie auf eine Turbine mit riesigen, messerscharfen Flügelrädern zutrieb.

Später lag sein abgeschnittener Kopf auf einer Wiese, die von der mehreren Meter hohen Mündung des Hohlwirbels überragt wurde. Sein Schädel war der Länge nach in zwei Hälften geteilt; und dennoch hatte der unversehrte Teil, der mitten im Gras lag, nicht das Bewußtsein verloren. Er wußte, daß die Ameisen allmählich in die offenliegende Gehirnmasse eindringen würden, um die Neuronen zu verschlingen; dann würde er endgültig das Bewußtsein verlieren. Zur Zeit beobachtete sein einziges Auge den Horizont. Die Grasfläche schien sich unendlich auszudehnen. Riesige Zahnräder drehten sich unter einem platinweißen Himmel in entgegengesetzte Richtungen. Vielleicht erlebte er das Ende der Zeit; zumindest war die Welt, so wie er sie gekannt hatte, an einem Ende angekommen.  - Michel Houellebecq, Elementarteilchen. München 2001 (zuerst 1998)

 

Schwein

 

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Ferkelei

 

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