Feinaufklärung, taktile    Sie hob, ohne aufzublicken, die gerade in ihrer Hand befindliche Kamelienblüte und hielt sie mir wedelnd entgegen, wie um mich zu schlagen oder den Teil von mir, der sich über ihr reckte, zurückzudrängen oder auch spielerisch vorzulocken, zu provozieren, anzustacheln mit peitschendem Streicheln. Ich streckte rasch die Hände nach unten, um das kunstvolle Arrangement der Blätter und Blüten vor einer Beschädigung zu bewahren, indessen machte sich auch Frau Miyagi, vorgeneigt, an den Zweigen zu schaffen, und so geschah es, daß mir unversehens eine Hand zwischen ihren Kimono und ihre nackte Haut geriet, wo sie eine weiche, warme und länglich geformte Brust zu fassen bekam, während im gleichen Moment eine Hand der Dame durch die Zweige des Keiaki (in Europa Kaukasus-Ulme genannt, A.d.Ü.) mein Glied erfaßte und es mir mit ebenso freimütigem wie fest zupackendem Griff aus der Kleidung zog, als befreite sie einen Stengel vom Laub.

Was mein Interesse an Frau Miyagis Brust erregte, war der Kranz von erhabenen, teils grob und teils feinkörnigen Papillen, die sich über einen Warzenhof von beträchtlicher Ausdehnung zu verteilen schienen, an den Rändern dichter, aber mit Vorposten auf dem ganzen Weg bis zur Spitze. Vermutlich befehligte jede dieser Papillen mehr oder minder akute Reizungen in Frau Miyagis Rezeptivität - ein Phänomen, das ich unschwer verifizieren konnte, indem ich sie jeweils einzeln leichten und möglichst präzise lokalisierten Pressionen unterzog, in Abständen von etwa einer Sekunde, und dabei sowohl die direkten Reaktionen auf der Brust selbst als auch die indirekten im Allgemeinverhalten der Dame prüfend verglich, desgleichen die Reaktionen meinerseits, da sich nun offenkundig eine gewisse Wechselwirkung zwischen ihrer Sensibilität und der meinen eingestellt hatte. Und nicht nur vermittels der Fingerkuppen betrieb ich diese taktile Feinaufklärung, sondern auch durch bestmögliche Ausrichtung meines Gliedes zur Landung auf ihrer Brust mit sanften, kreisenden Gleitbewegungen, da unsere inzwischen erreichte Position die Begegnung dieser unserer auf verschiedene Art erogenen Zonen begünstigte und Frau Miyagi sichtlich Gefallen an. meinen Bewegungen fand, ja sie unterstützte und gebieterisch dirigierte. Der Zufall will es, daß auch meine Haut über die ganze Länge des Gliedes und besonders am herausragenden Teil seiner Kuppe Passagen und Punkte von besonderer Empfindlichkeit aufweist, die vom Lustvollen über das Angenehme und das Prickelnde bis zum Schmerzlichen reichen, sowie daneben Passagen und Punkte, die taub oder tonlos bleiben. Das zufällige oder auch kalkulierte Zusammentreffen unserer diversen sensiblen respektive hypersensiblen Extremitäten weckte daher eine ganze Skala von unterschiedlich gemischten Gefühlen, deren genaue Bestandsaufnahme sich für uns beide als überaus anstrengend erwies.

Wir waren mitten in diesen Exerzitien begriffen, als plötzlich in der halbgeöffneten Schiebetür die Gestalt Makikos erschien. Vermutlich hatte das Mädchen im Nebenzimmer darauf gewartet, daß ich ihr folge, und kam nun, um nachzusehen, welches Hindernis mich zurückhielt. Sie erkannte sofort die Lage und verschwand wieder, aber nicht rasch genug, um mir nicht Zeit für die blitzartige Erkenntnis zu lassen, daß sich etwas an ihrer Kleidung verändert hatte: Sie trug statt des engen Pullovers nun einen seidenen Morgenrock, der eigens so gemacht schien, daß er nicht geschlossen blieb, sondern aufging über der Schwellung dessen, was in ihr erblühte, um abzugleiten auf ihrer glatten Haut beim geringsten Ansturm jener Gier nach Berührung, die hervorzurufen ebendiese so glatte Haut nicht versäumen konnte.

»Makiko!« rief ich, denn ich wollte ihr gern erklären (wußte allerdings nicht, wo anfangen), daß die Stellung, in der sie mich mit ihrer Mutter erwischt hatte, keineswegs planvoll zustande gekommen war, sondern allein durch ein zufälliges Zusammentreffen von Umständen, die mein unzweideutig auf sie gerichtetes Verlangen auf Seitenwege abgelenkt hatten. Ein Verlangen, das nun ihr geöffneter oder die Öffnung erwartender Morgenrock aufs neue entfachte, ja gleichsam wie mit einem expliziten Angebot gratifizierte, dergestalt, daß mich, mit der Erscheinung Makikos vor Augen und der Berührung Miyagis direkt auf der Haut, die Wollust schier übermannte.

Frau Miyagi mußte das wohl gemerkt haben, denn nun zog sie mich an der Schulter zu sich herab auf die Matte und schob mit raschen Zuckungen ihres ganzen Körpers ihr feuchtes, zupackendes Geschlecht unter das meine, das ohne Verzug von ihm eingesogen wurde wie von einem Saugrohr, indes ihre mageren nackten Beine meine Lenden umschlangen. Sie war von einer wieselflinken Behendigkeit, die Frau Miyagi: Schon verschränkten sich ihre kleinen, mit weißen Baumwollsocken bekleideten Füße fest über meinem Kreuz und preßten mich wie ein Schraubstock.

Mein Ruf nach Makiko war nicht ungehört verhallt. Hinter der papierenen Füllung des Schiebetürflügels gewahrte ich schemenhaft die Gestalt des Mädchens, das sich auf die Matte kniete, den Kopf vorgestreckt, schon erschien ihr Gesicht im Türspalt, die Miene verzerrt in atemloser Erregung, die Lippen geöffnet, die Augen weit aufgerissen, starr auf die Zuckungen ihrer Mutter und meiner Person gerichtet mit einer Mischung aus Faszination und Ekel. Doch sie war nicht allein: Am Ende des Flurs, in einer zweiten Tür, stand reglos die Gestalt eines Mannes. Ich weiß nicht, wie lange Herr Okeda schon dort gestanden hatte. Er betrachtete starren Blickes nicht seine Frau oder mich, sondern seine uns betrachtende Tochter. In seinen kalten Augen und in der harten Falte seiner zusammengekniffenen Lippen spiegelte sich Frau Miyagis Zucken, wie es im Blick ihrer Tochter gespiegelt wurde.

Er sah, daß ich ihn sah. Er rührte sich nicht.   - Italo Calvino, Wenn ein Reisender in einer Winternacht. München 2007 (Zuerst 1979)

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