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Wer ist mehr zu fürchten: der, welcher im heftigen Zorn erblaßt;
oder der hiebei errötet? Der erstere ist auf der
Stelle zu fürchten; der zweite desto mehr hinter her (der Rachgier
halber). Im ersteren Zustande erschrickt der aus der Fassung gebrachte Mensch
vor sich selbst, zu einer Heftigkeit irn Gebrauche seiner Gewalt hingerissen
zu werden, die ihn nachher reuen möchte. Im zweiten geht der Schreck plötzlich
in die Furcht über, daß dasBewußtsein seines Unvermögens der Selbstverteidigung
sichtbar werden möchte. - Beide, wenn sie sich durch die behende Fassung des
Gemüts Luft machen können, sind der Gesundheit nicht nachteilig; wo aber nicht,
so sind sie teils dem Leben selbst gefährlich, teils, wenn
ihr Ausbruch zurückgehalten wird, hinterlassen sie einen Groll, d. i. eine Kränkung
darüber, sich gegen Beleidigung nicht mit Anstand genommen zu haben; welche
aber vermieden wird, wenn sie nur zu Worten kommen können. So aber sind beide
Affekten von der Art, daß sie stumm machen, und sich dadurch in einem unvorteilhaften
Lichte darstellen. - Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer
Hinsicht (zuerst 1798/1800)
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