akten    Im amerikanischen Journalismus besteht eine Tradition, derzufolge ein Reporter nicht kommentieren darf. Er darf nur die ihm bekanntgewordenen Fakten erwähnen, was allerdings nicht heißt, daß er nur die Wahrheit schreibt. Er kann, vielmehr: er muß schreiben, was jemand gesagt hat, selbst wenn er weiß, daß es sich um eine Eüge handelt, darf aber nicht sagen, daß er weiß, daß es eine Lüge ist. Das wäre ein Kommentar. Das »Faktum«, über das er berichtet, ist das Faktum, daß die betreffende Aussage gemacht wurde. Die dazugehörige Theorie besagt, daß es nicht die Aufgabe des Reporters ist, dem Leser zu erklären, welche Fakten auch wirklich Fakten sind, sondern nur zu berichten, was gesagt und getan worden ist. Der Leser solle selbst entscheiden, was er glauben will. Der Reporter, der »die Wahrheit schreibt, wie er sie sieht«, sei tendenziell bestechlich.

Ein großartiges, in der Praxis aber nicht unproblematisches Prinzip. Daß Senator McCarthy sich derart rasch und mühelos an die Macht lügen konnte, lag auch daran, daß alle seine Äußerungen getreulich berichtet wurden. Die New York Times hat dieses Problem einmal anerkannt, sich aber zugleich für nicht zuständig erklärt: »Es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, die von Senator McCarthy erhobenen Vorwürfe nur deswegen nicht zur Kenntnis zu nehmen, weil sie sich im allgemeinen als unbegründet erwiesen haben. Die Lösung liegt beim Leser.« Was Richard Rovere zu der Bemerkung veranlaßt: »Für viele Menschen war das beinahe so, als würde man sagen, wenn ein Restaurant vergiftete Speisen serviere, dann sei es Sache des Gastes, die Speisen zurückgehen zu lassen.«  - (beg)

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