agott   Ohne Zweifel dachte der Freund meines Vaters an jenen berühmten Künstler der Winde, dessen übelriechende Nummer gegen Ende des gerade verflossenen Jahrhunderts ein großer Erfolg gewesen war, als er in bezug auf ein ziemlich langes, vom Fagott gespieltes Motiv in der Salomé von Richard Strauss, die seit kurzem in Paris gegeben wurde, von einer »Hinterteilsymphonie« (oder von ebensolchen »Variationen«) sprach. Für mich, den man vermutlich zu der Aufführung dieses musikalischen Bühnenwerkes mitgenommen hatte, ohne zu wissen, wie wenig es meinem zarten Alter angemessen war, verband sich mit den Klängen des Fagotts nichts Anstößiges.  - (leiris2)

Fagott (2)  Ganz grosse Häuser stürzten plötzlich. Kleine Häuser blieben ruhig stehen.

Eine dicke harte eiförmige Orangewolke hing plötzlich über der Stadt. Sie schien an der spitzen Spitze des hohen hageren Rathausturmes zu hängen und strahlte violett aus. Ein dürrer, kahler Baum streckte in den tiefen Himmel seine zuckenden und zitternden langen Äste. Er war ganz schwarz, wie ein Loch im weissen Papier. Die vier kleinen Blätter zitterten eine ganze Weile. Es war aber windstill. Wenn aber der Sturm kam und manches dickmäurige Gebäude umfiel, blieben die dünnen Äste unbeweglich. Die kleinen Blätter wurden steif: wie aus Eisen gegossen. Eine Schar Krähen flog durch die Luft in schnurgerader Linie über die Stadt.

Und wieder plötzlich wurde alles still.

Die Orangewolke verschwand. Der Himmel wurde schneidend blau. Die Stadt gelb zum Weinen.

Und durch diese Ruhe klang nur ein Laut: Hufeisenschläge. Da wusste man schon, dass durch die gänzlich leeren Strassen ein weisses Pferd ganz allein wandert. Dieser Laut dauerte lange, sehr, sehr lange. Und man wusste deswegen nie genau, wann er aufhörte. Wer weiss, wann die Ruhe entsteht? Durch gedehnte, lang gezogene, etwas ausdruckslose, teilnahmslose, lange, lange in der Tiefe sich im Leeren bewegende Töne eines Fagotts wurde allmählich alles grün. Erst tief und etwas schmutzig. Dann immer heller, kälter, giftiger, noch heller, noch kälter, noch giftiger.

Die Gebäude wuchsen in die Höhe und wurden schmäler. Alle neigten sie zu einem Punkt nach rechts, wo vielleicht der Morgen ist. Es wurde wie ein Streben dem Morgen zu bemerkbar. Und noch heller, noch kälter, noch giftiger grün wurde der Himmel, die Häuser, das Pflaster und die Menschen, die darauf gingen.  - Wassily Kandinsky, nach: Anthologie der Abseitigen. Hg. Carola Giedion-Welcker. Frankfurt am Main 1990

 

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