Fabel  Höret eine Fabel!  »Die Fabel möge kommen!«

Die Fabel kam von weither und fiel auf den Leoparden, die Spinne und den Elefanten. Der Leopard machte Farbe mit Honig, färbte Baumwollgarn damit und webte ein Tuch daraus. Eine Zeit darauf hatte die Spinne einen Todesfall, sie kam zum Leoparden und bat ihn, er möchte ihr das Tuch leihen, damit sie zur Totenfeier gehen könnte. Der Leopard war ganz einverstanden und lieh ihr das Tuch.

Als die Spinne zur Totenfeier gewesen war und heimkehrte, fing es an zu regnen, da rollte die Spinne das Tuch zusammen und legte es sich auf den Kopf. Der Regen schlug heftig auf sie und drang in das Tuch und tröpfelte ihr in den Mund. Die Spinne schluckte etwas von dem Wasser und merkte, daß es sehr süß war. Deshalb benachrichtigte sie ihre Genossen, sie wolle ein wenig beiseite gehen, sie komme gleich. Die Spinne ging, verbarg sich, aß das ganze Tuch auf und blieb nackend. Als sie nun lange unterwegs war, begegnete sie einem Elefanten, sie bat ihn, er möchte doch ein Stück von seinem Ohr abschneiden und ihr geben, damit sie es umschlage, sie werde es ihm nachher wiederschicken. Der Elefant sagte, es sei gut, sie solle selber ein Stück mit ihrem Arm abmessen, dann wolle er es ihr abschneiden. Die Spinne nahm das Ohr und ging damit nach Hause. Als sie nach Hause kam, siehe, da kochte gerade Frau Spinne eine Suppe, die Spinne nahm nun das Ohr, röstete es, sie kochten die Suppe damit und aßen.

Einige Tage darauf schickte der Elefant jemanden, er solle ihm das Ohr holen, die Fliegen plagten ihn zu sehr. Der Bote kam mit leerer Hand zurück, er hatte das Ohr nicht erhalten. Nun nahm der Elefant selber es auf sich, zu kommen und das Ohr zu holen. Der Spinnenmann hatte mit seinen Kindern und seiner Frau ausgemacht, sobald der Elefant komme, sollten sie in die Schnupftabaksdose fliehen. Der Elefant kam und die beiden, Elefant und Spinne, unterhielten sich. Nach einer Weile sagte der Spinnenmann zu einem seiner Kinder:

»Gehe hin und hole deinem Großvater Schnupftabak!« Als es gegangen war, schlüpfte es in die Schnupftabaksdose. So schickte er sie eins nach dem andern, und alle schlüpften hinein. Zuletzt schickte er Frau Spinne auch, aber deren Kopf klemmte sich in der Öffnung der Schnupftabaksdose. Darauf sagte der Spinnenmann zum Elefanten, seine Kinder seien Esel, deshalb wolle er selber gehen und den Schnupftabak holen. Als er ging, sah er, wie der Kopf der Frau Spinne in der Öffnung klemmte, da stieß er sie mit der Faust und sagte:

»Frau Spinne, du Breit-, du Breit-, du Breitkopf, schnell hinein!«

Dann schlüpfte er selber hinein. So gingen sie alle in die Dose und schlössen hinter sich zu.

Der Elefant wartete lange, bis er müde wurde, dann stand er auf, aber er fand niemanden im Hause. Er ging im Hause herum und suchte nach etwas, das er an Stelle des Ohres nehmen könnte, aber er fand nichts Besonderes, nur die Schnupftabaksdose sah er. Er sagte:

»Gut, ich will seine Schnupftabaksdose nehmen, damit er nicht mehr schnupfen kann.«

Der Elefant tat sie in seine Tasche und machte sich auf den Heimweg. Unterwegs fingen die Spinne und ihre Kinder an ein Totenklagelied zu singen:

»Ao, Ao, die Elefantenmutter ist gestorben.«

Der Elefant wußte nicht, wo eigentlich das Weinen tönte, und er sagte:

»Soeben habe ich meine Mutter verlassen, und nun ist sie schon gestorben?«

Die Spinne mit den Ihren weinte kräftig weiter; da nahm der Elefant die Schnupftabaksdose und schleuderte sie gegen einen Stein, daß sie zerbarst. Sogleich kam die Spinne mit den Ihren heraus, und sie gingen alle in den Felsen. Der Elefant wurde zornig und bestellte Leute, daß sie sie ihm griffen. Die Spinne hatte ein scharfes Messer, gegen das fliegt keine Fliege, fliegt sie dagegen, so wird sie in sieben Stücke zerschnitten. Das Wildschwein und die Hyäne sagten, sie wollten sie fangen und bringen. Aber als das Schwein die Schnauze ausstreckte, hieb ihm die Spinne seinen Rüssel ab. Als die Hyäne das sah, fing sie an zu schreien:

»Die Spinne hat des Schweines Schnauze abgehauen!«

Das geriet allen anderen Tieren zur Furcht, und sie gingen lieber nicht mehr. So lebt die Spinne bis heute unter Steinen.  - (afr)

Fabel (2) Jakob: »Seht, Herr, alle diese großen Sprüche, die Ihr da für nichts und wieder nichts zum besten gegeben habt, sind alle zusammen nicht halb soviel wert wie eine einzige Fabel aus den Spinnstuben meines Dorfes.«

Der Herr: »Was für eine Fabel?«

Jakob: »Die Fabel von Scheidchen und Messerchen. Eines Tages bekamen Scheidchen und Messerchen Streit. Messerchen sprach zu Scheidchen: ,Scheidchen, mein Liebchen, du bist ein Luderchen, denn jeden Tag empfängst du andere Messerchen . . .' Scheidchen erwiderte: ,Messerchen, mein Freund, du bist ein Lump, denn jeden Tag nimmst du dir ein anderes Scheidchen . . .' - ,Scheidchen, du verstößt gegen dein Gelöbnis! . . .' - ,Messerchen, du hast mich zuerst hintergangen ...' Dieser Zwist war bei Tisch ausgebrochen. Wimperchen, das in der Mitte zwischen Scheidchen und Messerchen saß, ergriff das Wort und sprach: ,Ihr habt beide recht getan, daß ihr Abwechslung suchtet, da euch der Sinn danach stand. Aber ihr tatet unrecht, als ihr einander gelobtet, niemals Abwechslung zu suchen. Messerchen, sahst du nicht, daß Gott dich erschaffen hat, damit du zu vielen Scheidchen gehst, und dich, Scheidchen, damit du mehr als nur ein Messerchen aufnimmst? Ihr hieltet gewisse Messerchen für irre Narren, weil sie gelobten, unter allen Umständen ohne Scheidchen auskommen zu wollen, und schaltet gewisse Scheidchen überspannte Weibsbilder, die gelobt hatten, sich jedem Messerchen zu versagen. Ihr bedachtet nicht, daß ihr fast ebenso verrückt und überspannt wart, als ihr damals geschworen habt: du, Scheidchen, dich mit einem einzigen Messerchen zufriedenzugeben, und du, Messerchen, dich mit einem einzigen Scheidchen zu begnügen.'«    - (jak)

Fabel (3)  Ein Mann von kleinem Wuchs sagte: »Ich bin ja mit allem einverstanden, nur daß ich gern ein kleines bißchen größer wäre.«
Kaum hatte er das gesagt, sah er, wie eine Zauberin vor ihn hintrat.
»Was möchtest du?« fragte die Zauberin.
Aber der Mann von kleinem Wuchs stand da und konnte vor Schreck nichts sagen.
»Nun?« sagte die Zauberin.
Aber der Mann von kleinem Wuchs stand da und schwieg. Die Zauberin verschwand.
Da begann der Mann von kleinem Wuchs zu weinen und an den Nägeln zu nagen. Erst nagte er die Nägel an den Händen ab, dann die an den Füßen.
Leser, vertief dich in diese Fabel, und du raufst dir das Haar.  - (charms)

 

Erzählung Belehrung

 

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