xzentrik  Es handelt sich dabei nicht, wie uns sinnenstumpfe Menschen glauben machen wollen, um eine Form der Verrücktheit, wohl aber oft um eine Form unschuldigen Stolzes. Das Genie gilt wie der Aristokrat häufig als Exzentriker, weil einer wie der andere weder Furcht vor der Meinung und den wechselnden Modelaunen der Masse hat, noch sich davon beeinflussen läßt. - Edith Sitwell, Mein exzentrisches Leben. Frankfurt am Main 1994 (Fischer-Tb. 12126, zuerst 1965)

  Exzentrik (2) In seinem Verschwundene Exzentriker, 1890 erschienen (ein Werk, von dem nach meiner Kenntnis in einer öffentlichen Bibliothek nur ein einziges Exemplar steht, und zwar in Toulouse, Signatur DM 3303) gibt Simon Brugal einige zusätzliche Auskünfte über Nicolas Cirier. Er läßt ihn 1790 zur Welt kommen. Er soll das Gymnasium von Rennes besucht, sich während der hundert Tage freiwillig gemeldet haben und erst 1820 nach Paris zurückgekehrt sein. Bis 1838 Korrektor in der Königlichen Druckerei, wurde er zum Druckereiarbeiter zurückgestuft. Er war anschließend Mitarbeiter des Journal des Villes et des Campagnes (Zeitung für Stadt und Land) in der Rue des Grands-Augustins Nr. 5, bevor er wieder Buchdrucker wurde. Er starb am 25. Oktober 1869. Er soll der Freund Hégésippe Moreaus gewesen sein, der ihm sein Buch Dans le vieux temple un soir (Eines Abends im alten Tempel) gewidmet hat, usw. Er schrieb, außer den oben erwähnten Werken: La Moutarde après diner (Der Senf nach dem Abendessen), La Réclame (Die Reklame), Le Terme (en quatre chants), (Der Termin, in vier Gesängen), Triomphe et Pilori (vers de toutes les couleurs) (Triumph und Pranger, Verse in allen Farben), Fables nouvelles (Neue Fabeln). - Raymond Queneau: Striche, Zeichen und Buchstaben. München 1990

Exzentrik (3) Extremer Individualismus, selbständiges Denken, Launenhaftigkeit, ja, wenn Sie so wollen: Exzentrizität, sind der beste Schutz gegen das Böse. Das heißt, alles was nicht vorgegeben, vorgetäuscht, imitiert werden kann; etwas, mit dem selbst ein erfahrener Betrüger nicht glücklich sein könnte. Mit anderen Worten, etwas das man nicht mit anderen teilen kann, wie die eigne Haut; nicht einmal mit einer Minderheit.   - Josef Brodskij, nach: Helmar Penndorf, Ingo Schulze: Von Nasen Faxen und Ariadnefäden. Berlin 2000

Exzentrik (4)  Lord George Gordon  war ein schottischer Exzentriker, Sohn eines Herzogs. Er bekehrte sich zum Judentum; wegen einer Schmähschrift auf die Regierung mußte er ins Gefängnis, wo er übrigens bis zu seinem Tod (1793) ein geselliges Leben führte und sich mit Banketten und Konzerten die Zeit vertrieb. - Nachwort zu: Israel Zangwill, Der König der Schnorrer. München 1994 (zuerst 1894)

Exzentrik (5)

Exzentriks

Zwei Herren, eben noch freundschaftlich,
Schreien: „Kommen Sie mal bei mich!"
Zwei, eben noch tadellos befrackt,
Stehn plötzlich fast nackt.
Vorhemd springt wagerecht empor.
Großen Hammer und Nagel hat man dadavor.
Hau' ihn den Lukas! Der Brustkasten hallt.
Gummistrippiger Schlips in die Fresse knallt.
Wo zwitschert Kanarienvogel? möchte man wissen.
Hat ihm schon! Gerupft. Kopf abgebissen.
Autohupe. Beinmuskeln sind falsch auf die Knochen geklebt.
 Handstand. Ein Herr auf dem Kopf des anderen schwebt.
Publikus staunt. Untermann schleunigst Spagat
Obermann baumelt verzweifelt am Draht.
Wieder bodenständig greift er nach einem Beil.
Patsch. Schnauze klafft. Zähne kullern. Allheil!
Bizepse werden  wieder zurecht  geschoben,
Desgleichen die verrutschten Hemigloben.
Schwammiger  Pappe-Mops wie ein  Uhu  bellt.
Rosabonbonbunte  Monde sind alle Gesichter erhellt.
Entweichender Luftballon wird ein Zylinderhut.
„Warum haben Sie meinen kleinen Hund totgespuckt?
Er war doch noch ganz gut!
Verblichenem Schellfisch ähnlich ein Menschenauge guckt.
Autohupe. Entsetzen. Maschinengewehr tackt.
Tadellos sind beide Herren wieder befrackt.

   - Alfred Richard Meyer, Der große Munkepunke. Gesammelte Werke, Hamburg  1924

Exzentrik (6)  Vieles von dem, was ich geschrieben habe, wird der Exzentrizität zugeordnet, da ich zwischen Leben und Schreiben nie einen klaren Unterschied gelten ließ; wenn ich im Leben eine teilweise Anteilnahme an meiner Umwelt verbergen kann, so kann ich sie bei dem, was ich schreibe, nicht leugnen, da ich ja gerade schreibe, weil ich nicht da bin oder nur halb da bin. Ich schreibe aus einem Aufgeschmissensein, aus einem Deplacement heraus; und da ich aus einem Spalt heraus schreibe, fordere ich immer dazu auf, daß andere den ihren suchen und durch ihn hindurch den Garten betrachten, wo die Bäume Früchte tragen, die natürlich kostbare Steine sind. Das kleine Ungeheuer läßt sich nicht beirren.  - (cort)
 

Mittelpunkt Stolz

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme