tui
Jeder kennt Hongkong, seine Reede, seine Dschunken, seine Sampans, die Hochhäuser
von Kaulun und das anliegende Kleid mit dem seitlich bis zum Schenkel geschlitzten
Humpelrock der Eurasierinnen, dieser langbeinigen, geschmeidigen Frauen in ihren
hautengen Etuis aus schwarzer Seide mit kleinem Stehkragen, ärmellos und an
Hals- und Armausschnitt glatt anliegend. Der dünne glänzende Stoff wird auf
dem bloßen Körper getragen, er zeichnet die Form von Leib, Brust und Hüften
nach und rafft sich in der Taille zu einem Bündel winziger Fältchen, wenn die
Spaziergängerin vor einem Schaufenster stehengeblieben ist, Kopf und Oberkörper
der Glaswand zudreht, wo sie, den linken Fuß nur mit der Spitze eines sehr hochhackigen
Schuhs so auf den Boden gestützt, daß sie ihren Gang inmitten des unterbrochenen
Schritts wieder aufnehmen kann, die rechte Hand vorgestreckt, leicht vom Körper
abgehoben und den Ellbogen halb gewinkelt, einen Augenblick lang unbeweglich
die junge Frau aus Wachs betrachtet, die das gleiche Kleid wie sie in weißer
Seide trägt, oder auch ihr eigenes Spiegelbild oder vielleicht den Riemen aus
geflochtenem Leder, den die Schaufensterpuppe in der linken Hand hält, den nackten
Arm vom Körper weggestreckt und den Ellbogen halb gewinkelt, um einen großen
schwarzen Hund mit glänzendem Fell festzuhalten, der vor ihr herläuft. - Alain
Robbe-Grillet, Die blaue Villa in Hongkong. München 1969 (dtv 548, zuerst
1965)