Erzählversuch  Wäre es nicht zum Beispiel ein durchaus guter und leicht zu verwertender Einfall, wenn man in einer Geschichte die Umdefinierung des Begriffs „Gehirn" vornehmen würde? Zuerst einmal die provokante These: Das Gehirn existiert nicht. Dann etwas abgeschwächt, weil man auch verständlich bleiben muß: Es existiert nicht so, wie wir es wahrnehmen. Das Gehirn ist ein Paradox. Und so weiter. Man müßte sich da schon etwas Genaueres ausdenken, oder eben mit ein paar Umschreibungen das Genauere zumindest so geschickt umgehen, daß es dem Leser nicht weiter auffällt. Zum Beispiel, daß das Gehirn in dem Moment, in dem es ein Pathologe vor sich auf dem Seziertisch liegen hat, eben so aussieht wie in einem medizinischen Lehrbuch. Tatsächlich jedoch...

Tatsächlich jedoch, und darum allein würde es Hugo Rhäs in seiner Geschichte gehen, nimmt das Gehirn immer die Form des Körperteils an, den wir gerade am meisten spüren. In seinem speziellen Fall wäre das folglich der Bauch. Vielleicht der Darm. Obwohl das Gehirn ohnehin aussieht wie ein zusammengerollter Darm.

Es war zum Verzweifeln. Jetzt hier in seinem Schmerz und seiner Agonie hätte er sich zu lösen vermocht. Jetzt hätte er die Geschichte hinschreiben können. Neun Seiten. Vielleicht noch mehr. Vielleicht einen ganzen Roman. Einen Zyklus. Gehirn. Organe. Erde. Planeten.

„Der wahre Künstler", das sagte er seinen Schülern immer wieder, „der wahre Künstler braucht kein Thema, oder besser, er kann jedes Thema wählen. Das Thema ist nur das Guckloch. So müßt ihr euch das vorstellen. Und durch dieses Guckloch sieht man die ganze Welt. Die Sterne sind nur Löcher im Himmel, und durch diese Löcher fallen Hunde und Katzen."   - (blue)

 

Erzählen Versuch

 

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