rschöpfung ist ein Zustand der Schwäche, Erschlaffung und Depression, durch gewisse Dinge hervorgerufen und jede Lebenstätigkeit erschwerend. Läßt man die Form der Erschöpfung durch Entziehung von Nahrungsmitteln fort, so bleiben noch drei Formen: Erschöpfung durch Tätigkeit der Muskeln, durch geistige Arbeit, durch erotische Exzesse.

Gemeinsames Heilmittel: sofortiges Einstellen der schädlichen Akte, um diesen krankheitsähnlichen Zustand zu überwinden.  - (bri)

Erschöpfung (2)  Das ist schwer zu begreifen. Ich geriet in Schweiß. Die Zeit verging mit nutzlosen Anstrengungen. Am Ende war ich in einem Zustand äußerster physischer Erschöpfung, aber die moralische Erschöpfung war noch ärger. Sowohl für sie als für mich. Sie liebte mich, und dennoch, am Ende sah sie mich stumpf an, mit einem flüchtigen, sogar bitteren Lächeln. Sie steigerte sich mit mir, und ich steigerte mich mit ihr, aber wir kamen nur dazu, uns gegenseitig anzuwidern. Sie verstehen: man wird ekelhaft . . . Alles war unmöglich.   - (bat)

Erschöpfung (3)  Der Wiener aus dem Vorort Favoriten (immer noch nicht weißt du seinen Namen) sagte: »Waaßt, i geh jetzt ins Lazarett. Und i komm nimmer ... Mit mir ist nix mehr los. Beim letzten Urlaub hob i sowieso halt bloß no a Mol können. I hob glei obgschossn, und nocha wor's scho aus. Also, serwas, i moch's nimmer lang.« Er schnaufte und ging mühsam; sein Gesicht sah wie eingeschrumpft aus, »ein Schneemann ohne Backen«, wie Sageder sagte, der hinzufügte: »Der is verbraucht. Wenn einer so wie der gelebt hat, ist's kein Wunder: Syphilis.« Und Eugen dachte, er spüre überhaupt so etwas wie allgemeine Erschöpfung, nicht was ihn, sondern was den Krieg betreffe; denn irgend etwas hatte nachgelassen, und das freute ihn. Die Unteroffiziere und die Offiziere redeten gedämpfter. Und selten wurde etwas angeordnet, das unsinnig war. An einen Stoßtrupp oder einen Spähtrupp dachte niemand mehr. Vielleicht versteckte jeder nur seine Angst oder war erlahmt und die Vernichtungswut des Krieges hatte nachgelassen, um sich später wieder zu verkrampften.  - Hermann Lenz, Neue Zeit. Frankfurt am Main 1979 (st 505, zuerst 1975)

Erschöpfung (4) Ich besuchte eines Tages einen meiner  besten Freunde, M. Rubat. Es hieß, er wäre  krank, und wirklich fand ich ihn im Schlafrock am Kamin, ganz matt und vergangen. Sein Ausdruck erschreckte mich: bleich das Gesicht, flackernd die Augen, so tief die Lippen hängend, daß man die Zähne des Unterkiefers sah, was schrecklich wirkte. Teilnehmend fragte ich nach dem Grunde solcher Veränderung. Er zögerte, ich drang in ihn. Nach einigem Widerstreben sagte er errötend: »Du weißt, lieber Freund, meine Frau ist eifersüchtig, und diese Manie macht mir manche böse Stunde. Seit einigen Tagen liegt sie in einer schrecklichen Krisis - nun - und da wollt ich ihr beweisen - daß meine Zuneigung nichts eingebüßt - und daß es keinerlei Ablenkung des ehelichen Tributes ist, wie sie meint, der mich in diesen Zustand gebracht.« - (bri)

Erschöpfung (5) Ginger Baker hatte langes rotes Haar, das glatt herunterhing und ihm das Gesicht bedeckte, eine Bartmatte und das gequälteste Gesicht, das man sich vorstellen konnte, die Wangen abgrundtief eingefallen und die Zähne verrottet und seine Augen ausgelöscht. Er war der absolute Trommler, sein Kopf hing, der Mund war offen, die Schizo-Augen starrten ins Nichts, aber er war kein Spinner, er legte einen brutalen Beat hin, der immer wieder zurücklief und neu auf sich aufbaute, unglaublich intensives Pulsieren. Versunken und leidend, er war gewaltig.

Um ihm herum pumpte Jack Bruce nichts anderes heraus als Gänseschmalzbaß, und ganz weit über ihnen spielte Clapton die beste Gitarre in Europa. Wahrscheinlich war er musikalisch stärker als Hendrix, aber er hatte nichts von dessen Auffälligkeit. Statt dessen krümmte er sich zusammen und sah nur seine Gitarre. Er konzentrierte sich so sehr, er arbeitete so hart, daß man von seiner Besessenheit mitgerissen wurde, daß man anfing, mit ihm zu sein. Er hielt einen, man hörte genau zu, er stellte mit einem an, was er wollte. Wenn man dann schließlich am Schluß rausging, dann war man erschöpft.  - (awop)

Erschöpfung (6)  Die Eigentümer dieser werktätigen Erde und dieser Negerhaufen waren müßige und gierige Herren mit Mähne; sie wohnten in geräumigen Häusern, die auf den Fluß hinaussahen, immer mit einem pseudogriechischen Portikus aus hellem Fichtenholz. Ein guter Sklave kostete sie an die tausend Dollar und hielt nicht lange. Einige begingen die Undankbarkeit, krank zu werden und zu sterben. Aus diesen unsicheren Kantonisten galt es maximalen Profit herauszuholen. Deshalb hielt man sie auf den Feldern vom ersten bis zum letzten Sonnenstrahl; deshalb zog man aus den Gütern eine jährliche Ernte von Baumwolle oder Tabak oder Zuckerrohr. Die Erde, müde und mürbe von dieser ungeduldigen Bestellung, war nach wenigen Jahren erschöpft: Die verwilderte und verschlammte Wüste drang in die Pflanzungen ein.  - J. L.Borges, Universalgeschichte der Niedertracht, nach (bo3)
 
Schwäche
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