rsäufen
Er öffnete die Tür: »Komm«, sagte er. Das Tier schwänzelte,
begriff nur, daß es hinausging.
Sie erreichten das Ufer, und er wählte eine Stelle, wo ihm das Wasser tief erschien. Da knotete er ein Strickende an das schöne Lederhalsband und umschnürte mit dem anderen einen dicken Stein. Darauf hob er Cocotte hoch in seinen Armen und küßte sie inbrünstig wie einen Menschen, von dem man Abschied nimmt. Er hielt sie an die Brust gedrückt, wiegte sie, nannte sie »meine schöne Cocotte, meine kleine Cocotte«, und sie ließ es mit vergnügten Knurren geschehen.
Zehnmal wollte er sie losschleudern, doch jedesmal versagte ihm der Mut.
Aber mit einemmal entschloß er sich und warf sie aus all seinen Kräften so weit wie möglich hinaus. Anfangs versuchte sie zu schwimmen, wie sie es beim Baden tat, aber ihr Kopf sackte, von dem Stein niedergezogen, immer wieder unter; und sie warf ihrem Herrn herzzerreißende Blicke, menschliche Blicke zu, während sie um ihr Leben kämpfte, wie ein Mensch, der ertrinkt. Dann tauchte der ganze vordere Körper unter, nur noch die Hinterpfoten strampelten wild aus dem Wasser; dann verschwanden auch sie.
Über fünf Minuten stiegen Luftblasen an die Oberfläche und platzten,
als hätte der Fluß zu brodeln begonnen; und François starrte verstört,
mit jagendem Herzen, und vermeinte Cocotte im Schlick sich winden zu sehen;
und in seiner bäuerlichen Einfalt fragte er sich: Was muß das jetzt von
mir denken, das Tier? - (
nov
)
Ersäufen (2) Brument (Césaire-Isidore) und Cornu (Prosper-Napoléon) haben sich vor dem Schwurgericht von Seine-Inferieure wegen Mordversuchs durch Ertränken an Frau Brument, rechtmäßiger Ehefrau des ersteren, zu verantworten.
Beide Angeklagten sitzen nebeneinander auf der bekannten Bank. Es sind zwei Bauern. Der erste ist klein, dick, mit kurzen Armen, kurzen Beinen und einem runden, roten, pickligen Kopf, der ihm unmittelbar auf dem ebenso runden, ebenso kurzen Rumpf, ohne erkennbaren Hals, sitzt. Er ist Schweinezüchter und wohnt in Cacheville-la-Goupil, Kanton Criquetot.
Cornu (Prosper-Napoléon) ist mittelgroß, dürr, mit überlangen Armen. Er trägt den Kopf schief, hat verschobene Kiefer und schielt. Ein blauer, hemdlanger Kittel fällt ihm bis auf die Knie, und die spärlichen gelben Haare, die an seinem Schädel kleben, geben ihm ein verbrauchtes, schmieriges, fürchterlich ramponiertes Aussehen. Er trägt den Spitznamen »der Pfarrer«, weil er alle Kirchengesänge auf das vollkommenste nachahmen kann, sogar mit den Bässen des Schlangenhorns. Diesem Talent verdankt seine Schenke - denn er ist Schankwirt in Criquetot - einen großen Kundenkreis, der »Cornus Messe« der Messe des Herrn vorzieht.
Frau Brument, auf der Zeugenbank, ist eine hagere Bäuerin, die aussieht, als ob sie immer schläft. Sie sitzt unbeweglich da, die Hände im Schoß gefaltet, mit stierem Blick, stumpfsinniger Miene.
Der Gerichtspräsident führt die Vernehmung fort:
»Nun, Frau Brument, die Männer kamen also in Ihr Haus und tauchten Sie
in ein Faß voll Wasser. Schildern Sie uns im einzelnen, wie es dazu kam.
Stehen Sie auf.«
Sie steht auf. Sie ist lang wie ein Mast mit ihrer
Haube, die auf ihr sitzt wie ein weißer Topf. Sie redet mit schleppender
Stimme: »Bohnen hab ich ausgepalt. Da sind sie reingekommen beide. Ich
denk: Was haben die vor? Die sind nich wie sonst, die sind so schmalitzig.
Die haben mich so von schräg beguckt, vor allem Cornu, wo er schielt. Ich
seh die nich gern zusammen, weil daß die zwei Tunichtgute in Gesellschaft
sind. Ich frag: ›Was wollt ihr von mir?‹ Die sagen keinen Ton. Na, hab
ich so 'n Mißtrauen gekriegt ...«
Der Angeklagte Brument platzt ihr ins Wort mit der Erklärung: »Ich war besoffen.«
Darauf Cornu mit tiefer Stimme wie ein Orgelpunkt zu seinem Kompagnon: »Sag, daß wir beide besoffen waren, und es is nich gelogen.«
DER PRÄSIDENT streng: Sie wollen sagen, daß Sie volltrunken waren?
BRUMENT:
Keine Frage.
CORNU: Das kann jedem passieren.
DER PRÄSIDENT zu dem
Opfer: Setzen Sie Ihre Schilderung fort, Frau Brument.
»Also Brument
sagt zu mir: ›Willst dir hundert Sous verdienen? ‹ Sag ich: ›Ja‹, weil
hundert Sous, die find't einer nich unterm Pferdeschwanz. Da sagt er: ›Sperr
die Augen auf und mach wie ich.‹ Und denn geht er und holt das große Faß,
was unter der Traufe auf 'm Hof steht; und denn kippt er das aus, und denn
rollert er das in meine Küche rein, und denn stellt er das in die Mitte,
und denn sagt er: ›Geh Wasser holen, bis es vollis.‹
Na, bin ich zum
Teich gegangen mit zwei Eimer und hab Wasser geholt, und denn noch Wasser
und noch, eine geschlagene Stunde, weil daß das Faß groß is wie eine Kelterbütte,
mit Verlaub, Euer Ehren.
Währenddem trinken Brument und Cornu eine Lage,
und denn noch eine Lage, und denn noch eine Lage. Die schlucken sich einen,
daß ich sag: ›Voll, das seid ihr, voller noch wie das Faß.‹ Und Brument
sagt: ›Mach dir kein Kopf, geh deinen Weg, du kommst nachher dran, jedem
sein Teil.‹ Ich hör nich drauf, was der redet, wo er besoffen war.
Wie
das Faß nu glatt voll is, sag ich: ›So, is gemacht.‹
Und denn hat Cornu
mir hundert Sous gegeben. Nich Brument, Cornu; weil daß Cornu mir die gegeben
hat. Und Brument sagt: ›Willst dir noch hundert Sous verdienen? ‹ Sag ich:
›Ja‹, wo unsereins nich gewöhnt is an solche Geschenke. Da sagt er mir:
›Zieh dich aus.‹
›Ausziehn soll ich mich?‹
›Ja‹, sagt er.
›Bis
wo soll ich mich ausziehn?‹
›Wenn dich das stört‹, sagt er, ›laß das
Hemd an, uns stört es nich.‹
Hundert Sous, das sind hundert Sous, na
hab ich mich ausgezogen, aber mich ausziehn vor den zwei Taugenichtsen,
das paßte mir nich. Ich leg die Haube ab, und denn mein Spenzer noch, und
denn mein Rock, und denn meine Klotzen. Da sagt Brument: ›Kannst die Strümpfe
auch anlassen, wir sind nich so.‹
Und Cornu sagt ihm nach: ›Wir sind
nich so.‹
Da bin ich nu quasiment wie unsere Urmutter Eva. Und da stehen
die auf, was sich nich hat gradehalten können, so besoffen waren sie, mit
Verlaub, Euer Ehren.
Ich denk: Was führen die im Schilde?
Und Brument
sagt: ›Wolln wir?‹
Cornu sagt: ›Los!‹
Und da nehmen die mich, Brument
beim Kopf und Cornu bei die Beine, wie daß einer so'n Pack Wäsche nimmt.
Na hab ich losgebrüllt.Und Brument sagt: ›Halt's Maul, Alte.‹
Und denn
heben die mich hoch bis über ihre Köpfe, und denn stecken die mich rein
in das Faß, was voll Wasser war, wo ich die Starre krieg im Blut und eine
Vereisung rein bis in die Gedärme.
Und Brument fragt: ›Reicht das?‹
Cornu
sagt: ›Das reicht.‹
Brument sagt: ›Der Kopf is nich drin, das zählt.‹
Sagt
Cornu: ›Steck den Kopf rein.‹
Und denn hat mich Brument auf'n Kopf gedrückt,
wie daß er mich quasiment hat ersäufen gewollt, und is mir das Wasser in
die Nase geschossen und hab ich schon das Paradies gesehen. Und denn hat
er gedrückt und gedrückt. Und ich weggewesen.
Und denn hat er's mit
der Angst gekriegt, da hat er mich rausgezogen und hat gesagt: ›Geh schnell
dich trocknen, altes Reff.‹
Na, ich nu weggerannt zum Herrn Pfarrer
hin, wo er mir ein Rock gegeben hat von seiner Wirtschafterin, weil ich
in Natur war, und denn hat er Meister Chicot geholt, den Flurwächter, und
der is denn nach Criquetot hin, die Gendarmen holen, was mich denn nach
Hause gebracht haben.
Da waren Brument und Cornu, die sich gedroschen
haben wie die Böcke.
Brument hat gebrüllt: ›Is nich wahr, ich sag dir,
das is wenigstens ein Kubik. Das kannst du mit mir nich machen.‹
Cornu
hat gebrüllt: ›Vier Eimer, das is noch kein halber Kubik. Da kannst du
gar nichts gegen sagen, das is so.‹
Na, hat der Brigadier ihnen die
Hand ans Fell gelegt. Weiter hab ich denn nichts.« - (
nov
)
Ersäufen (3) Wir sprachen vom Selbstmord durch Ertränken.
Johnson: »Ich würde es nie für an der Zeit halten, mich umzubringen.« Ich erwähnte
den Fall des Eustace Budgell, der wegen Fälschung eines Testaments angeklagt
war und sich in die Themse stürzte, bevor die Verhandlung über dessen Echtheit
begann. »Nehmen Sie an, Sir (sagte ich), ein Mann ist ganz sicher, daß er, wenn
er einige Tage länger lebt, als Betrüger entlarvt wird und die Folge davon äußerste
Schande und Ausstoßung aus der Gesellschaft ist.« Johnson: »Dann, Sir, soll
er in ein fernes Land gehen; soll er irgendwohin gehen, wo er nicht bekannt
ist. Soll er doch nicht zum Teufel gehen, wo er bekannt ist!« - JAMES
BOSWELL, MIT DR. JOHNSON AUF FAHRT NACH DEN HEBRIDEN, nach
(enc)
Ersäufen (4)
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