Alles, was im freien Spiele der Ideen unsere Einbildungskraft belustigt und lächerliche Ideen erzeugt, ist frei von Verdacht. Diese Gedankenspiele sind an und für sich, durch den bloßen Wechsel der Empfindungen, behaglich und gefallen aus demselben Grunde, aus welchem Glücksspiele gefallen.
Es gibt einen reinen Genuß der Phantasie — er ist die Poesie des Verstandes.
Wenn ein betrogener Gläubiger hitzig sagt: "Aber ich habe ja Ihr Wort!"
und der Schuldner vornehm erwidert: »Na, so behalten Sie‘s!« so werden
alle wohl, den Gläubiger ausgenommen, augenblicklich lächeln müssen,
ohne gerade zu denken: Du bist ein schlechter Kerl! - (
kjw
)
Nach seiner ausgelaßnen Art, sich auszudrücken, sagt' er zuweilen: die
affektirte Ernsthaftigkeit sey eine herumstreichende Bübin, und setzte
noch wohl hinzu . . . von der aller gefährlichsten Art, weil sie so schlau,
und daß er überzeugt sey, durch sie würden in einem Jahre mehr redliche
und arglose Leute um Gut und Geld gebracht, als durch Beutelschneider und
Spitzbuben in sieben. Die unverstellte Gemüthsart, pflegt' er zu sagen,
die ein frohes Herz entdeckt, sey niemanden, als sich selbst gefährlich.
Das wahre Wesen der affektirten Ernsthaftigkeit sey ein Vorsatz, folglich
ein Betrug, und abgefeimter Kunstgriff, sich bey der Welt das Zutrauen
zu erwerben, als ob man mehr Verstand und Einsicht habe, als in der That
wahr, und ungeachtet dessen, wofür sie gehalten seyn wollte, sey sie doch
nichts besser, sondern vielleicht noch ärger, als sie schon vor langer
Zeit von einem witzigen Franzosen
beschrieben worden, nemlich: ein geheimnißvolles Bestreben des Körpers,
die Unvollkommenheiten des Gemüths zu verstecken. - Laurence
Sterne, Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien, nebst einer
Fortsetzung von Freundeshand. Nördlingen 1986, zuerst 1768
- (
welt
)
Ernsthaftigkeit (4)
"Schaut, wie ernsthaft sie tun"
- Goya, Caprichos. Zürich 1972 (detebe 33/1, zuerst 1799)
Ernsthaftigkeit (4) Sloterdijk
verficht ernsthaft die These, "alle Geschichte" sei eine "Geschichte
von Zornverwertungen". Der in Karlsruhe und Wien
lehrende Professor schreibt an einer Zivilisationsgeschichte
menschlicher Aufwallungen, in deren Zentrum die "Domestizierung des Zorns"
steht. -
taz
vom 14. April 2007
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