rmahnung  Unsern gnädigen Gruß zuvor. Würdiger und Hochgelahrter, lieber Getreuer! Unsere höchste Person hat schon seit geraumer Zeit mit großem Mißfallen ersehen: wie Ihr Eure Philosophie zu Entstellung und Herabwürdigung mancher Haupt- und Grundlehren der heiligen Schrift und des Christentums mißbraucht; wie Ihr dieses namentlich in Eurem Buch: »Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft«, desgleichen in anderen kleineren Abhandlungen getan habt. Wir haben Uns zu Euch eines Besseren versehen; da Ihr selbst einsehen müsset, wie unverantwortlich Ihr dadurch gegen Eure Pflicht, als Lehrer der Jugend, und gegen Unsere, Euch sehr wohl bekannte, landesväterliche Absichten handelt. Wir verlangen des ehsten Eure gewissenhafteste Verantwortung, und gewärtigen Uns von Euch, bei Vermeidung Unserer höchsten Ungnade, daß Ihr Euch künftighin nichts dergleichen werdet zu Schulden kommen lassen, sondern vielmehr, Eurer Pflicht gemäß, Euer Ansehen und Eure Talente dazu anwenden, daß Unsere landesväterliche Intention je mehr und mehr erreicht werde; widrigenfalls Ihr Euch, bei fortgesetzter Renitenz, unfehlbar unangenehmer Verfügungen zu gewärtigen habt. Sind Euch mit Gnade gewogen.

Berlin, den 1. Oktober 1794.  Auf Seiner Königl. Majestät allergnädigsten Spezialbefehl. Wöllner.

ab extra - Dem würdigen und hochgelahrten Unserem Professor auch lieben getreuen Kant zu Königsberg in Preußen.

praesentat. d. 12. Okt. 1794. - Friedrich Wilhelm II., nach: Immanuel Kant, Der Streit der Fakultäten

Ermahnung (2)  Schottische Morde haben schon immer einen ganz eigenen, vollmundigen Geschmack gehabt - Burgunder, verglichen mit dem Bordeaux der Engländer. Vielleicht liegt es an dem schottischen Boden, vielleicht an den Gesetzen. Wo sonst begegnet man einer so offenkundigen und ausgeprägten Ambivalenz gegenüber dem Mörder wie im »Schuldbeweis nicht erbracht« der schottischen Rechtsprechung? Soll der neidische Purist in England (oder Amerika) doch einwenden, daß ein Angeklagter entweder schuldig oder unschuldig ist und daß das »Schuldbeweis nicht erbracht« einer Jury von schäbigen Feilschern bloß die Möglichkeit gibt, sich nicht festlegen zu müssen. Die Schotten wissen, wann sie es mit einer guten Mordstory zu tun haben, und gutmütig wie sie sind, widerstrebt es ihnen, den Urheber dafür zu bestrafen, wenn es sich irgendwie vermeiden läßt. Der Urteilsspruch »Schuldbeweis nicht erbracht« ist nach Ansicht von Miss Tennyson Jesse eine Ermahnung: »Dieses eine Mal drücken wir noch ein Auge zu, aber wehe, du tust es noch einmal!«   - (beg)

Ermahnung (3)  

roll nicht von deiner spuhle
sonst bricht dein backsteinzopf
sonst picken dir die winde
die flammen aus dem kropf

sonst fließt aus deinen röhren
der schwarze sternenfisch
und reißt mit seinen krallen
die erstgeburt vom tisch

  - Hans Arp, Die Wolkenpumpe. Nach: 113 DADA Gedichte. Hg. Karl Riha. Berlin 1982

Ermahnung (4)  

- Ronald Searle, Saint Trinian's (1848 ff.)

Ermahnung (5) 

Ermahnung (6) Der 41jährige Arbeiter Franz P hatte seit Jahren die Gewohnheit, von einem Abfallhaufen auf dem Matzleinsdorfer Frachtenbahnhof noch verwertbares Obst zu nehmen. Er nahm es für seine Frau und seine beiden Kinder, die er mit seinem geringen Lohn kaum erhalten konnte. Verschubmeister B schritt eines Tages als Amtsperson ein. Denn an diesem Tag ertappte er den Mann beim Diebstahl von einigen angefaulten Tomaten. Nach einem kleinen Kampf um die Paradeiser versetzte P dem Beamten einen Fußtritt. Das brachte den Arbeiter vor Gericht. Er wurde schließlich freigesprochen und versprach nach der Ermahnung des Richters, den Frachtenbahnhof in Hinkunft zu meiden. (Kurier 1963)  - (met)

Ermahnung (7, mütterliche) Karathis, seine Mutter, hörte nicht auf, dem Kalifen einzuprägen, daß er unterwegs nirgends einkehren dürfe. «Du weißt ja selbst», fügte sie hinzu, «wie sehr du auf gute Speisen und junge Mädchen aus bist. Begnüge dich aber lieber mit deinen alten Köchen, die die besten auf der ganzen Welt sind. Und vergiß nicht, daß du in deinem vermöglichen Serail mindestens drei Dutzend hübsche Gesicher hast, die Bababaluk noch nicht entschleiert hat. Ich wünschte sehr, dich begleiten zu können, um über deinen Wegen zu wachen und mit dir den Palast der Unterirdischen zu besuchen, der ohne Zweifel alles enthält, was unsereiner liebt. Nichts bereitet so viel Lust, als in Grüfte zu schauen, denn mein Geschmack für Leichen und Mumien ist entschieden groß, und ich bin überzeugt, du wirst Seltenheiten dieser Art vor Augen bekommen. Vergiß mich dann nicht und versäume nicht, einen zuverlässigen Geist zu mir in meine Behausung zu schicken, der mich mitsamt meinen Zaubermitteln holen soll, sobald du in Besitz der Talismane gelangst, die dir den Weg in die mineralischen Königreiche und zum Mittelpunkt des Erdinnern öffnen. Das Gift der Schlangen, die ich zu Tode gequält habe, wird ein hübsches Geschenk für den Giaur sein, der solche Leckereien lieben durfte.»   - William Beckford, Vathek. Stuttgart 1983 (Bibliothek von Babel, Bd. 3., Hg. J. L. Borges)

 

Erziehungsmittel

 

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