rlöschen     Eine Frau von kaum 30 Jahren träumte zu einer Zeit, in der sie sich noch verhältnismäßig gesund fühlte, daß sie in Flammen stand. Um sie herum bildete das Feuer eine immer größere Lavakruste. Halb von außen und halb vom Inneren ihres eigenen Körpers her konnte sie sehen, wie das Feuer langsam von dieser Kruste erstickt wurde. Plötzlich befand sie sich vollständig außerhalb des Feuers, und sie schlug wie besessen mit einem Stock auf das Feuer ein, um die Kruste zu brechen und Luft heranzulassen. Aber bald wurde die Träumende müde und sie (das Feuer) erlosch langsam. Vier Tage nach diesem Traum fing sie an, unter akuter Schizophrenie zu leiden. In den Einzelheiten ihres Traums hatte die Träumende genau den Verlauf ihrer Psychose vorausgesagt. Sie erstarrte zuerst und war in der Tat wie eingeschlossen. Sechs Wochen danach verteidigte sie sich noch einmal mit aller Macht gegen das Ersticken ihres Lebensfeuers, bis sie schließlich vollständig erlosch, gefühls- und verstandesmäßig. Seit einigen Jahren ist sie wie ein erloschener Vulkan gewesen.   - Medard Boss nach: Ronald D. Laing, Das geteilte Selbst. Eine existentielle Studie über geistige Gesundheit und Wahnsinn. Köln 1994 (zuerst 1960)

Erlöschen (2)  Ich erinnere mich an die langen Gesichter, die entmutigten Figuren meiner beiden Leute, und ich erinnere mich an meine Jugend und das Gefühl, das nie wiederkehren wird - das Gefühl, ich könnte in alle Ewigkeit aushalten, könnte das Meer, die Erde und alle Menschen überdauern; das trügerische Gefühl, das uns in Freuden, in Gefahren, in die Liebe lockt, in eitle Unternehmungen - in den Tod; das glorreiche Bewußtsein der Stärke; die Hitze des Lebens in dieser Handvoll Staub; die Glut des Herzens, die mit jedem Jahr trüber wird, kälter, kleiner, und erlischt.  - Joseph Conrad, Jugend. Frankfurt am Main 1968 (zuerst 1902)

Erlöschen (3)  

Er forschte unterm Lager, rings um den Herd, in der Truhe-aber er fand niemand.
Und er begriff nicht, wie der Geist sich eingeschlichen und wie er entkommen war.
E. T. A. HOFFMANN (Nachtstücke)

Oh! wie oft habe ich Scarbo gehört und gesehen, wenn der Mond zur Mitternacht am Himmel glänzt wie ein silbernes Wappenschild auf blauem Banner, das mit goldenen Bienen bestickt ist!

Wie oft habe ich im Dämmer meines Alkovens sein Gelächter schnarren hören, und seinen Nagel auf der Seide meiner Bettvorhänge kritzeln!

Wie oft habe ich ihn von der Decke herabkommen sehen, auf einem Fuße wirbeln und durchs Zimmer rollen wie eine Spindel, die aus dem Spinnrocken einer Hexe gefallen ist!

Und glaubte ich dann, er sei verschwunden, wuchs der Zwerg zwischen mir und dem Mond wie der Turm eines gotischen Domes, und eine goldene Schelle klingelte an seiner Zipfelmütze.

Aber bald wurde sein Körper blau und durchsichtig wie das Wachs einer Kerze, sein Gesicht wurde bleich wie das Wachs eines Lichtstumpfs - und plötzlich war er verloschen.   - Aloysius Bertrand, Gaspard de la Nuit. Frankfurt am Main 1978 (zuerst 1842)

 

Feuer

 

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