rleuchtungsbranche   Hier ist die Herberge, der Ashram, Aurobindo, und in der Nähe der Stadt baut man, so heißt es, Auroville. Ich begebe mich zum Ashram; man empfängt mich mit übertriebener Milde, gibt mir ein unermeßliches, leeres Zimmer; ein schmales Bett, ein Ventilator Pantokrator, eine Latrine für zwanzig, aber mit einem winzigen Waschbecken und einem verstohlenen Löchlein für die Stuhlentleerung. Selbstverständlich dient der übrige Raum dieser ausgestorbenen Kaserne dazu, die Seele zu beherbergen. Genau da packt mich eine Art Widerwillen, der schon den Samen der Panik enthält. Ich habe keine Angst vor dem indischen Tempel, der sich in mir breitmacht und mich allein läßt, ich fürchte mich nicht vor dem pflanzenhaften Wachstum dieses heiligen Ortes und selbst, wenn meine Innereien Sanskrit-Litaneien anstimmen würden - was sie aber nicht tun werden -, ich würde nicht erschrecken:

Aber dieser aseptische Geschmack nach Vollkommenheit, das breite wohlwollende und verzeihende Lächeln, mit dem ich empfangen, und schließlich der ausgestorbene Tempel, in dem ich untergebracht werde, das jagt mir alles Schrecken ein. »Ausgestorbener Tempel« habe ich gesagt: Ich werde doch nicht in eine Verschwörung geraten sein, wo jeder Verschwörer in einen Gott verwandelt werden soll ? Wie weit bin ich dann noch entfernt von der Levitation, von der Erleuchtung, vom Wohlwollen, von der dulcedo? Meine atavische Vorliebe für die Nacht, die abendländische, lahme, aber unabdingbare Flucht durch die Finsternis, in die Finsternis, das alles erscheint mir aufs neue hinreißend. Ich bitte, mein Körper bittet um ein Mißverständnis, einen Schrecken, einen Fehler, Hände weg von meiner Seele, ihr rettenden Seelen! Ich kenne dein Glück, deine Süße: unsere Begegnung ist ein Zusammentreffen von Fälschern, aber es ist der Fall, daß wir uns von Grund auf kennen. Du, lasterhafter und heiliger Alter, hältst mir eine offizielle Wegkarte hin, um aus dem Kerker hinauszukommen: beinahe als würdest du das Gerassel der Ketten und das Knarren der Galgen nicht hören. Vade retro, anima! Ich fliehe nicht, ich breche aus. Und schon stürze ich Hals über Kopf wieder durch die engen Gassen einer pseudo-französischen Stadt zu einem Omnibus, der von Bettlern belagert wird. Mit der Zärtlichkeit eines Komplizen schaue ich sie alle an, die Menschen mit den tiefen Wunden - die Kranken, die Listigen, die Verlassenen, die Schlauen. Wir werden doch niemals vollkommen werden, oder? Wir werden niemanden erleuchten. Uns zu retten, wird nicht gestattet sein.  - Giorgio Manganelli, Das indische Experiment. Berlin 2004 (zuerst 1992)

Erleuchtungsbranche (2)  geisterhafte Veranstaltungen  fanden statt an verschiedenensten orten/yoga-übungen In tiefgaragen und Heizungskellern der Universität, wo die verborgenen naturkräfte im menschlichen körper durch einen sohn des yog Maharishi dev murti vorgeführt wurden, erweckungen durch sieben goldene Schlüssel/eintritt fünf D—Mark/zur Selbstmeisterung der himalya-lehre durch  einen bal murti/krokodilübungen, atemübungen,bauchübungen, neti-übungen und meditation/vorverkauf  im städtischen Verkehrsamt köln/sehbehinderte rücken ihre brillen zu recht hämorhoiden geplagte rutschen auf den harten sitzen hin und her/als der rneister sex-meisterung  erklärt/und versuche  in  soma und maya/zuerst läßt er ein paar kakteen um seinen platz  ordnen, ein gongschlag und über verstärker werden die  atemzüge des meisters in den  saal gedrückt/eine drückende nebelige suppe  liegt über der  stadt   -  Rolf Dieter Brinkmann, Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand: Reise Zeit Magazin (Tagebuch). Reinbek bei Hamburg 1987
 
 

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