rdschweinhöhle In den Bergen um Nordhausen und Bleicherode, tief unten in verlassenen Bergwerksschächten, leben Mitglieder des Schwarzkommandos. Dieser Tage ist das keine militärische Bezeichnung mehr: Jetzt sind sie ein Volk, die Zonen-Hereros, seit zwei Generationen aus Südwestafrika im Exil. Frühe rheinische Missionare haben die ersten von ihnen in die Metropolis gebracht, den großen, Öden Zoo, in dem sie ausgestellt wurden als Exemplare einer vielleicht dem Untergang geweihten Rasse. Sie wurden behutsamen Experimenten unterzogen, gotischen Kathedralen, Musikstücken von Wagner, Unterhosen von Jaeger ausgesetzt, Versuchen, sie für ihre Seelen zu interessieren. Andere kamen als Dienstboten nach Deutschland, im Gefolge von Soldaten, die zur Niederschlagung der großen Herero-Rebellion der Jahre 1904 bis 1906 in Deutsch-Südwest gewesen waren. Der größte Teil der gegenwärtigen Führungskader jedoch kam erst nach 1933, um im Rahmen eines von der Nazi-Partei niemals öffentlich zugegebenen Geheimplans schwarze Junten aufzubauen, Schattenkabinette, die später einmal die Macht in den englischen und französischen Kolonien Schwarzafrikas übernehmen sollten, nach dem Modell der deutschen Pläne für den Maghreb. Südwest war zu diesem Zeitpunkt ein Protektorat unter der Verwaltungshoheit der Südafrikanischen Union, doch die wahre Macht lag nach wie vor bei den alten deutschen Kolonialfamilien, und sie kooperierten.
In der Gegend von Nordhausen/Bleicherode gibt es mehrere unterirdische Gemeinschaften.
Zusammen tragen sie den kollektiven Namen «Erdschweinhöhle». Ein Herero-Witz,
aber ein bitterer. Für die Ovatjimba, die Ärmsten unter den Hereros, die kein
eigenes Vieh und keine eigenen Dörfer besaßen, war das Erdschwein,
oder Aardvark, das Totemtier. Sie machten seinen Namen
zu ihrem eigenen, aßen niemals von seinem Fleisch und gruben sich die gleiche
Nahrung aus der Erde wie das Tier. - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981
Erdschweinhöhle (2) Enzian sieht sich
schon in der Erdschweinhöhle sitzen und eine neue Akte über die I. G. Farben anlegen,
sieht sie dicker und dicker werden, je mehr Querverbindungen sich zeigen, Bücher
befragt werden, Zeugen aufmarschieren - wenn auch nicht offen, nein, sie kommen
hintenherum, aus den Schatten ... Und wenn sich herausstellen sollte, daß es
weder die Rakete noch die I. G. ist? Nun, dann wird er weitersuchen, was denn
sonst, auf einem anderen Sektor - bei den Volkswagenwerken, den Pharmakonzernen
... und wenn es nicht in Deutschland sein sollte, dann muß er in Amerika weitersuchen,
oder in Rußland, und wenn er einmal stirbt, ohne daß der Wahre Text gefunden
ist, dann muß wenigstens die Maschinerie bereitstehen, mit der andere die Arbeit
fortsetzen können ... Ja, eine prima Idee -ruf die ganze Erdschweinhöhle zusammen,
stell dich vor sie hin und sprich; Mein Volk, ich habe eine Vision gehabt
... nein, nein, mehr Mitarbeiter wird er brauchen, wenn die Suche solche
Ausmaße annimmt, die Mittel allmählich von der Rakete abgezogen werden, diversifiziert,
aber alles so, daß es wie organisches Wachstum aussieht ... und wen kann er
einbringen ins Projekt? Christian - kann er den Jungen jetzt verwenden, Christian
in seinem Zorn, wird es der Zorn sein, der Christian verwendet, egal, was die
Aufgabe ist, um Ombindi niederzuhalten ... denn wenn sich eben der wahre Auftrag
des Schwarzkommandos in der Zone enthüllt haben sollte, dann muß etwas geschehen
in Sachen Ombindi, Fraktion der Leeren, Doktrin der Endgültigen Null. Mehr Mitarbeiter
heißt mehr Zonen-Hereros, nicht weniger - mehr Einzelheiten, die über den Feind
bekannt werden, mehr Beziehungen auf viel mehr Ebenen werden eine größere Bedrohung
bedeuten, so daß die Zahl der Stammesmitglieder steigen muß. Gibt es eine Alternative?
Nein ... liebend gern würde er Ombindi ignorieren, aber die Notwendigkeiten
der Neuen Suche werden ihm diese Bequemlichkeit nicht mehr gestatten ... die
Suche wird regieren ... - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981
|
||
|
||