Epochenkräuseln    Ein Diplomat aus dem gesichertsten Land der Erde, kein Deutscher, durch hohe Posten international bekannt, schreibt gutachtlich folgendes: „Bereits war das deutlichste Anzeichen für die völlige und katastrophale Umwandlung der Epoche in jenes letzte Stadium getreten, in welchem plötzlich alle Namen, alle Worte ihren Sinn verloren, die Zeichen, die der Geist errichtet hat in Architektur wie in den Werken der Musik, nicht mehr wahr sind, alles lügt, alles verblaßt, um dann plötzlich ausgelöscht zu werden und völlig zu verschwinden."

Ungeheuerliche Worte! Hier lotet ein Diplomat! Einer aus berühmter Familie alten Stils; bestes Europa in der Strenge des Hierarchischen3 und der Weiträumigkeit der Golfsitten, spricht sich mit Einzelheiten über das letzte Stadium der Epoche gutachtlich aus! Also die Epoche kräuselt sich, irgendwo flammt etwas auf und irgendwo erlischt etwas und sinkt hinab in die Asche der Welten; irgendwo eine Nova und irgendwo ein Schatten und irgendwo ein Wasserglas, in dem das Serum sich bewegt.  - Gottfried Benn, Der Radardenker. In: G. B., Prosa und Szenen. Ges. Werke Bd. 2. Wiesbaden 1962

Epoche

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