Epitaph   Man unternahm es, sich in diesem Sumpf zu vergnügen. In Erwartung der paar Ulanenschwadronen oder der zwei oder drei bayerischen Artilleriekompanien, die völlig ausgereicht hätten, diese Armee ohne Waffen, ohne Köpfe und vor allem ohne Füße auszulöschen, wurde das Lager von einer Armee von Cidrehändlern belagert, deren unzählige, mit Fässern beladene Karren gewaltsam für die Unterbringung oder die Pflege der Sterbenden hätten beschlagnahmt werden sollen.

Es gab auch Frauen - und was für welche! -, die von irgendwoher gekommen waren und die mit ihren Gärungsstoffen die aligemeine Fäulnis noch komplizierten.

Es übertraf jede Vorstellungskraft, wenn man diese geschminkten und mit Schlamm bekleideten Wesen sah, wie sie sich in stinkenden Ecken mit unsauberen Frischlingen, an denen die schwarze Flüssigkeit hinabtroff, paarten, und das unter den duldsamen Augen von Unteroffizieren, die selbst mit Unrat geharnischt waren.

Da war vor allem ein Mädchen, dessen Geschichte erstaunlich ist und das von einem alten Nachschubsoldaten, dem man das Verfaulen auf den ersten Blick ansah, protegiert wurde und der sie, aus Mitleid, glaube ich, bei sich behielt. Der bloße Anblick dieses Ritters der Rotgesichtigkeit und des Ekzems, bernaulkorbt mit ewiger Kruste, hätte für die Liebhaber seiner Gefährtin die wirksamste aller Abschreckungen sein müssen.

Schon der Anblick dieser Gefährtin schien alles andere als erregend. Man nannte sie, die offensichtlich von der Schwindsucht verzehrt war und das Antlitz eines Totenschädels trug, das Epitaph - eine einzigartige und fast geniale Benennung, nach der der Versuch eines Portraits lächerlich anmutet.

Nun, die Verwüstungen dieses Paares waren beispiellos. Alle wollten dieses Mädchen haben und alle verlangten nach mehr. Die Favoriten oder die Reichsten wurden im Nachschubwagen empfangen, der außer Betrieb und stillgelegt war wie alles andere, und vor dem sich ein von Anbeginn zur Beerdigung verurteiltes Pferd in etwas Bläuliches verflüssigte, das die Ehre für sich beanspruchte, Schlamm zu sein. Dieser Ort wurde glücklicherweise markiert durch die vier Hufe, die in die Luft ragten und sich aus dem schrecklichen Magma herausstreckten, dem man so aus dem Wege gehen konnte.

Da die Räder des Wagens noch nicht zusammengebrochen waren, galt das Innere als ein trockener Ort, vergleichbar mit den entferntesten Paradiesen, und die Erwählten wurden stark beneidet. Man versuchte, sie beim Herauskommen auf das Pferd zu stoßen.

Indessen gab es auch gute Tage, Tage des Bummelns für das Epitaph, das die unentwurzelbaren Mobilisierten dann »Madame« nannten. Sie machte in einer Art Schlitten - einem Gerät, das an einen Gitterrost erinnerte - von Zelt zu Zelt die Runde; man warf sich das Seil zu, und so tröstete sie bis zu zwölf Klagende für die Summe von 50 Centimes.

Aber, wie die Leute von Lannion sagen, es war zu schön um wahr zu sein. Eines Tages wurde sie von einem großen Kerl aus Pont-l'Abbé oder Concarneau erstickt, der schwer arbeitete, ohne zu bemerken, dass sie schon vollständig in dem »Tapioka der Makkabäer« verschwunden war, das sein Zelt zur Hälfte anfüllte ...   - Léon Bloy, Blutschweiß. Berlin 2011 (zuerst 1893)

Grabstein

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 

Unterbegriffe

VB

 

Synonyme
Grabschrift