Enzyklopädieverkäufer    Die erste Tür, an die ich kam, sah so abweisend aus, daß ich nicht einmal zu klopfen wagte; ich ging zu verschiedenen Adressen, ehe ich den Mut aufbrachte, an eine Tür zu klopfen. Beim ersten Gesicht, das ich sah, hätte ich fast in die Hosen geschissen vor Schreck. Ich spreche hier nicht von Schüchternheit oder Verlegenheit - ich spreche von Angst. Es war die Visage eines Ziegelsteinträgers, eines stupiden Iren, der einen ebensogut mit der Axt erschlagen wie einem ins Gesicht spucken konnte. Ich gab vor, mich im Namen geirrt zu haben, und eilte zur nächsten Adresse weiter. Jedesmal, wenn die Tür aufging, sah ich ein anderes Ungeheuer. Und dann geriet ich schließlich an einen armen Einfaltspinsel, der sich wirklich bilden wollte, und das gab mir den Rest. Ich schämte mich ehrlich meiner selbst, meines Landes, meiner Rasse, meiner Epoche. Ich mußte mir verteufelte Mühe geben, ihm die verdammte Enzyklopädie auszureden. Er fragte mich unschuldsvoll, was mich denn dann zu ihm geführt habe - und ohne einen Augenblick zu zögern, erzählte ich ihm eine erstaunliche Lüge, die sich später als große Wahrheit erweisen sollte. Ich sagte ihm, ich gäbe nur vor, die Enzyklopädie zu verkaufen, um die Leute kennenzulernen und über sie zu schreiben. Das interessierte ihn riesig, sogar noch mehr als die Enzyklopädie. Er wollte wissen, was ich über ihn schreiben würde, sofern ich das sagen könnte. Ich habe zwanzig Jahre meines Lebens dazu gebraucht, diese Frage zu beantworten, aber hier ist meine Antwort: «Wenn Sie es noch immer wissen wollen, John Jedermann aus der Stadt Bayonne, hier ist sie: Ich schulde Ihnen viel, denn nachdem ich Ihnen diese Lüge erzählt hatte, verließ ich Ihr Haus und zerriß den mir von der Encyclopaedia. Britannica mitgegebenen Prospekt und warf ihn in den Rinnstein. Ich sagte mir, nie wieder will ich mit falschen Angaben zu den Leuten gehen, und wäre es die, ihnen die Bibel schenken zu wollen. Nie wieder will ich etwas verkaufen, auch wenn ich verhungern muß. Ich gehe jetzt nach Hause, um mich hinzusetzen und wirklich über die Menschen zu schreiben. Und wenn jemand an meine Türe klopft, um mir etwas zu verkaufen, werde ich ihn auffordern, hereinzukommen, und ihm sagen: <Warum betreiben Sie dieses Geschäft?> Und wenn er mir antwortet, deshalb, weil er seinen Lebensunterhalt verdienen muß, werde ich ihm alles Geld, das ich in der Tasche habe, anbieten und ihn bitten, sich noch einmal zu überlegen, was er da tut. Ich möchte so viele Menschen wie möglich davon abhalten, vorzugeben, sie müßten dies oder jenes tun, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. £5 ist nicht wahr. Man kann verhungern - das ist viel besser. Jeder Mensch, der aus freiem Willen verhungert, hemmt ein Zahnrad im automatischen Prozeß. Lieber sähe ich einen Menschen ein Gewehr ergreifen und seinen Nächsten erschießen, um sich das nötige Essen zu verschaffen, als daß er den automatischen Prozeß in Gang hält unter dem Vorwand, er müsse seinen Lebensunterhalt verdienen. Das ist meine Antwort, Mr. John Jedermann.»    - (wendek)

Enzyklopädie Verkäufer

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