ntwesung  Escherich erwog schon 1913 die »direkte Vernichtung des Schädlings durch mechanische oder chemische Mittel«. Weitere historische Nachrichten über den Schädling waren einer im März 1934 verfaßten, 1935 in Berlin veröffentlichten Schrift über Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen zu entnehmen. Darin stand:

»Der Weltkrieg wurde uns, wie auf manchen anderen Gebieten, auch auf dem der Schädlingsbekämpfung zum Lehrmeister. Die Erkenntnis, daß das europäische Fleckfieber durch Kleiderläuse übertragen wird, brachte es mit sich, daß auch die deutsche Wissenschaft sich mit der Frage der Vernichtung dieses Ungeziefers eingehend befassen mußte. Dabei stellte sich sehr schnell heraus, daß die zunächst fast ausschließlich zu diesem Zweck angewandte schwefliche Säure durch Schädigung der Gewebe der Kleidung und Wäsche, durch Veränderung der meisten Farben und vor allem durch ihre chemische Einwirkung auf alle Metalle zum allgemeinen Gebrauch nicht empfohlen werden konnte. Auch Schwefelkohlenstoff und Benzindämpfe erwiesen sich wegen ihrer unsicheren Wirkung und ihrer Feuergefährlichkeit ebenfalls als ungeeignet, während die Dampfinfektion besonders Ledersachen empfindlich schädigte. So wurden dann auf Hases Anregung Versuche mit der bereits in Amerika vor dem Kriege auch von Reh und Escherich zur Vernichtung von Ungeziefer empfohlenen Blausäure aufgenommen. Diese führten bald zu einem vollen Erfolge, besonders nachdem Haber und seine Mitarbeiter besondere Entwesungstrupps in diesem Verfahren ausgebildet und dadurch die mit der Verwendung der Blausäure verbundenen Gefahren erheblich herabgemindert hatten.

Einen weiteren Schritt in der Richtung, die Anwendung der Blausäure möglichst ihrer Gefährlichkeit zu entkleiden, stellt die Verwendung des Zyklon A, eines Gemisches von der Blausäure gleichwertigem Zyankohlensäuremethylester mit einem Reizstoff Chlorkohlensäuremethylester, und besonders des heute fast nur noch allein angewandten Zyklon B dar, eines Gemisches von stabilisierter flüssiger, hochprozentiger Blausäure mit dem Reizstoff Bromessigsäuremethylester, das in Kieselgur oder ähnlichem porösen Trägermaterial aufgenommen und in Blechbüchsen verpackt eine leichte Handhabung des Entwesungsmittels gewährleistet.«

Es folgte eine Aufzählung verschiedener ministerieller Bekanntmachungen sowie eine eingehende technische Darstellung des Vorgehens bei der Entwesung von Mühlen, Nahrungsmittelfabriken und -lägern, Schokoladefabriken, Kasernen, Baracken, Schiffen usw. im In- und Ausland. Die von Prof. Dr. Otto Lentz, Geh. Obermed.-Rat, Berlin, und Dr. Ludwig Gaßner, Frankfurt a. M., verfaßte Schrift enthielt auch folgende Fragen über die Anwendung von Blausäure für die Prüfung der zukünftigen Durchgasungstechniker durch den beamteten Arzt:

1.          Durch welche behördliche Verfügungen ist die Anwendung der Blausäureverfahren in Deutschland geregelt? Durch die Verordnungen der Reichsregierung über die Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen vom 29. Januar 1919, die Verordnung des Reichministeriums des Innern für Ernährung und Landwirtschaft vom 22. August 1927 sowie die Reichsausführungsbestimmungen vom 25. März 1931. Dazu kommen die Runderlasse der einzelnen Freistaaten, insbesondere der des Preußischen Ministeriums für Volkswohlfahrt vom 8. August 1931.

2.          Welcher Art ist diese Regelung? Es ist verboten, mit Blausäure oder anderen Zyanverbindungen bei der Schädlingsbekämpfung zu arbeiten.

3.          Bestehen Ausnahmen von diesem Verbot? Ja. Für die Heeres- und Marineverwaltung sowie für staatliche wissenschaftliche Institute.

4.          Sind weitere Ausnahmen zulässig? Ja.

5.          Durch wen werden diese Ausnahmen genehmigt? Durch die zuständigen Landesregierungen, meist die Ministerien des Innern...

8.          Was ist für die behördliche Zulassung zur Ausführung von Entwesungen nach dem Blausäureverfahren Voraussetzung? Gründliche praktische und theoretische Ausbildung und persönliche Zuverlässigkeit sowie bestandene Prüfung durch den Kreisarzt ...

14.         Wie ist das Verfahren mit Zyklon? Zyklon B wird in den Räumen, die durchgast werden sollen, ausgestreut ...

18.         Ist reine Blausäure durch Geruch wahrnehmbar? Nicht von allen Menschen ...

19.         Hat Blausäure eine bestimmte Farbe? Nein, sowohl verflüssigte als auch gasförmige Blausäure ist farblos.

28.     Ist Zyklon B gasförmig? Nein, Zyklon B ist ein feuchtes, körniges Pulver.

29.         Warum wirkt es ebenso wie gasförmige Blausäure? Das feuchte Pulver gibt schon bei gewöhnlicher Temperatur seinen Blausäuregehalt durch Verdunstung ab...

37.         Warum sind Blausäure und Zyklon B für die Entwesung geeignet? Weil sie sehr giftig sind, etwas leichter als Luft und daher überall hindringen ...

39.         Worauf ist die giftige Wirkung bei Menschen und Tieren zunächst zurückzuführen? Das Atemzentrum im Gehirn wird gelähmt, so daß die Atmung aussetzt.

40.       Wie schützt man sich gegen das giftige Blausäuregas? Vor allem durch Tragen einer Gasmaske.

51.         Warum muß die Art der Schädlinge festgestellt werden? Weil sich nach der Art der Schädlinge die Gaskonzentration zu richten hat ...

58.         Was ist bei den Vorbereitungsarbeiten vor allem zu beachten? Die sorgfältige Abdichtung der zu durchgasenden Räume nach außen, Herausnahme der Ofenröhren und Zukleben der Schornsteinöffnungen, Löschen jeder Flamme, Öffnen von Schränken und Schubläden, Abheben der Bilder, Uhren, Klingeln von der Wand mit daruntergeschobenen Papierpfropfen, Auseinanderbreiten der Matratzen, bei der Milbenbekämpfung umgekehrtes Aufstellen der Bücher. Außerdem müssen die Fenster und Lüftungsmöglichkeiten leicht zu bedienen sein...« - (para)

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