ntlausung
Das Finnenzelt war aus Sperrholz und kreisrund. In seiner Mitte
stand ein Ofen. Und vor dem Finnenzelt ragte dieser Entlausungskasten auf, in
den die Uniformen gehängt und von unten her angeheizt wurden, damit die Läuse
in den Kleidern von der Hitze platzten. Geniale Sache also, dieser läuseknackende
Kasten hier im Föhrenwalde zwischen Bataillonsgefechtsstand und Troß, wo sie
im Finnenzelte um den Ofen hockten und sich wuschen, während draußen die Läuse
geröstet wurden, wobei der melancholische Weinzierl sagte, die Läuseeier würden
in dem Kasten nicht geknackt, und alles sei bloß Schwindel, denn sonst könnten
doch die Läuse nicht mehr wiederkommen: was zwar einleuchtete, aber auch nichts
nützte. Und Weinzierl sah es ein, meinte aber, indem er eine wegwerfende Handbewegung
machte, nützen täte sowieso im Kriege nichts; womit er recht hatte und worüber
man sich im Finnenzelte einig war. Sie stellten wassergefüllte Marmeladekübel
auf den Ofen und fingen mit dem Waschen an, als es draußen dreimal dumpf knallte.
Man nahm's im Wasserspritzen und Einseifen wahr und ließ es knallen, weil's
schon öfters geknallt hatte. Bis dann der Sanitäter die Tür aufriß und hereinschrie;
»Sauerei! Der Entlausungskasten brennt! Da muß einer von euch Patronen in der
Tasche gehabt haben!«
Sie schauten hinaus, und in der Tat, die Feuersäule war enorm. Die Sache
halt abbrennen lassen, etwas anderes lohnte sich nicht. So daß nun also ein
rauchender Aschehaufen draußen lag, da und dort mit ein paar Uniformfetzen durchsetzt
und mitten drin der Ofen und das eiserne Gestell. Nackt standen sie davor und
hatten ihre Stiefel, dazu das G'lump ihrer Gewehre, die Leibriemen, die Koppel
hießen, und die Patronentaschen.
Der Sanitäter war zum Troß gelaufen. Er kam mit dem Zahlmeister zurück, der
in den rauchenden Tuchfetzen herumstocherte und von einer Gerichtsverhandlung
redete. »Das wird für den, der schuldig ist, arg teuer kommen«, sagte der Zahlmeister
und sah bekümmert und haßerfüllt drein: der machte jetzt die Stimmung mulmig.
Jeder schaute, nackt im kalten Wald stehend, am Zahlmeister vorbei und schlich
sich wieder in das warme Finnenzelt; wo er abwartete und alles eine saubere
G'schicht nannte, die ihm wurscht sein könne...
»Los! Auf! Ihr geht zum Bataillon! Dort kriegt ihr andres Zeug!«
Und sie stolperten nackt in ihren Knobelbechern, die Gewehre umgehängt, die
Koppel umgeschnallt, über den Steg. Du wunderst dich, weil's dich kaum friert...
- Hermann Lenz, Neue Zeit. Frankfurt am Main 1979 (st 505, zuerst 1975)