nthusiasmus  Der liebliche Gesang des Chors, das »Amen, Amen«, soll nicht die Gemeinde erfreuen, sondern den Gott friedlich stimmen.

Wenn man dies weiß, kennt man das Wesen der Religion. Am schlimmsten jedoch ist, daß der Gott sich manifestieren und die Gemeinde durchdringen kann, bis er ihre Gestalt angenommen hat. Man verehrt einen Gott, und er dankt einem dafür, indem er einen übernimmt; im Griechischen nennt man das enthousiasmos, was wörtlich »von Gott besessen« heißt. Von allen griechischen Göttern neigte vor allem Dionysos dazu. Und unglücklicherweise war Dionysos verrückt.

Anders ausgedrückt: Wenn Ihr Gott Sie übernimmt, ist es wahrscheinlich, daß er - gleichgültig, welchen Namen er besitzt - eine Inkarnation des verrückten Gottes Dionysos ist. Er war zudem der Gott der Trunkenheit, und Trunkenheit entsteht durch den Genuß von Rauschmitteln, von Stoffwechselgiften, und so ist er der Gott des Giftes. So verrät sich die Gefahr.

Wenn man sie spürt, versucht man wegzulaufen. Aber auch wenn man wegläuft, ist man in seiner Hand, denn von dem Halbgott Pan entlehnt sich der Begriff »Panik«, womit der unkontrollierbare Drang zur Flucht umschrieben wird, und Pan ist eine Unterform von Dionysos. Versucht man also vor Dionysos zu fliehen, wird man trotzdem übernommen. - Philip K. Dick, Die VALIS-Trilogie. München 2002 (zuerst 1981 f.)

Enthusiasmus (2)   Das griechische Wort bedeutet »Erregung der Eingeweide«, »innere Unruhe«. Fanden es die Griechen, um zu verdeutlichen, welche Erschütterung unsere Nerven erfahren, wie unser Gedärm sich weitet und zusammenschnürt, wie heftig unser Herz zuckt, wie überstürzt die Feuergeister sich aus den Eingeweiden hinauf in das Hirn drängen, wenn man tief aufgerührt ist?

Oder war der Name Enthusiasmus, Tumult der Eingeweide zunächst den Verrenkungen jener Pythia zugedacht, die auf delphischem Dreifuß sitzend den Geist des Apoll durch eine Öffnung empfing, die nur zu leiblichem Empfang geschaffen scheint? - Voltaire, Philosophisches Wörterbuch, nach (vol)

Enthusiasmus (3) "Das Anderssein ist existenziell, das 'Nichterzogene', das Nichtgelernte".

"Haare abscheren, Haare lang wachsen lassen, Hosen zu kurz - alles ganz wichtig", schilderte Georg Baselitz seine Erfahrungen. "Damals in Berlin hatte man das Gefühl, Bildermalen war gar nicht mehr nötig - einen Künstler darzustellen war wichtig". Baselitz sieht Enthusiasmus als Voraussetzung für den Erfolg von Künstlern. "Talent ist gar keines nötig. Dafür jedoch die absolute Begeisterung für Bilder. Und Abstraktionsfähigkeit", erklärte er. "Wenn Sie es nicht schaffen, etwas aus Ihrem Kopf in Form von Linien aufs Papier zu bringen, dann können Sie es aufgeben". - Georg Baselitz

Enthusiasmus (4)  »Du willst nicht, daß wir das gefährliche Projekt diskutieren . . .«

»Ich will niemand verpflichten, mir zu folgen«, antwortete B. leidenschaftlich, »aber was gibt uns das Recht, irgendeine Handlung zu vollbringen, wenn nicht jenes bereits erwähnte Gefühl der Größe, das uns mehr und mehr zu dem unnennbaren, unbewußten Ziel hinführt, das der einzige Gegenstand unseres Strebens ist? Ja, alles soll mir nachgeben: Grausamkeit, Treubruch, Dreistigkeit, all das wechselt mit den Menschen seinen Namen, und ihr Gegenteil ist Schwäche, Schwäche, nichts als Schwäche. Nur Exzesse verdienen unseren Enthusiasmus, und wenn sie uns jetzt auch nur Haß eintragen, so werden sie uns doch früher oder später eine dauerhaftere Liebe verschaffen. Und muß, ja kann denn die Reaktion der anderen auf unsere Handlungen diese jemals motivieren? Ich möchte sicher sein, daß all meine Worte, all meine Handlungen ein für allemal für die Welt verloren sind. Mit mir die Sintflut.«    - (lib)

 

Geist

 

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Begeisterung