Entführer  Mörder morden meist mit einem Messer. Sie könnten auch einen Revolver benutzen, aber das Messer ist erstens leiser und zweitens direkter. Der Mörder will spüren, wie es ist, jemanden zu ermorden. Er will spüren, wie sein Messer in die Brust seines Opfers dringt oder in den Hals und wie der Körper direkt vor ihm in sich zusammenfällt und stirbt. Manchmal erwürgen einen Mörder auch oder sie erdrosseln einen mit einem Strick oder einem Halstuch. Entführer ermorden einen auch am Schluss, aber erst entführen sie einen und schleppen einen in eine Höhle, wo man angekettet auf einem Feldbett liegen muss. Was die Entführer genau wollen, weiß man nicht. Es sind Wahnsinnige, die aus dem Eichberg ausgebrochen sind und oft selbst nicht wissen, was sie wollen. Sie schicken Briefe, in denen sie Geld fordern. Sie haben die Buchstaben für die Briefe aus einer Zeitung ausgeschnitten und auf ein Blatt Papier geklebt. Damit kann man sie auch später überführen, weil man im Papierkorb die Zeitung mit den fehlenden Buchstaben findet. Aber da ist es schon längst zu spät. Das entführte Kind ist tot. Die Entführer denken: Ich nehme das Kind erst mal mit in meine Höhle, und dann sehen wir weiter. Wenn das Kind schreit, dann werden sie wütend und bringen es um. Schreit das Kind nicht, werden sie wütend, weil sie sich etwas Unterhaltung wünschen, und bringen es auch um. Dann wollen sie Geld, dann wieder nicht. Es sind eben Verrückte. Wie man's auch macht, man macht es falsch. - (raf)

Entführer (2)   Ich hatte nach wie vor Angst vor dem Metzger, spürte immer noch den Haß, den er gegen mich hatte, und seine brutale Veranlagung, die er nur in Gegenwart des Holzfällers zügelte. Der kleine Krallenfingrige, den ich den Fuchs nannte, versuchte mich immer wieder mit seinen Streichen zu foppen, aber ich war entschlossen, nicht darauf zu reagieren. Sein Geruch war mir zuwider, weshalb ich es besonders unangenehm fand, wenn er mir das Essen brachte. Meine übertriebene Dankbarkeit für gelegentliche Abwechslung in der Kost reizte zwangsläufig seinen Hang zu gemeinen Spielen. Eines Abends, als ich im Zelteingang saß und auf das Essen wartete, kam er mir ganz nahe und nahm meine rechte Hand.

»Hier kommt ein Leckerbissen, ganz was Besonderes.«

Ich war sehr mißtrauisch, denn er hatte so was schon mal gemacht, und der Holzfäller hatte mir das Essen aus der Hand geschlagen, bevor ich es zum Mund führen konnte. Spater sagte er mir, es sei ein eingewickeltes, völlig verschimmeltes Stück Weichkäse gewesen. Diesmal schob mir der Fuchs etwas Warmes zwischen die Finger und führte meine Hand mit Gewalt zum Mund. Sein verzerrtes Kichern hallte in meinem verstopften Ohr nach, als ich mit einem erstickten Schrei vor seinem Penis zurückschauderte.

Und dann drang sein Flüstern durch das Meeresrauschen in meinem Kopf: »Was ist? Machst du's nicht gern mit dem Mund? Soll ich lieber dich lecken?«  - Magdalen Nabb, Alta moda. Zürich 2001

Entführung

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