ngelsaugen Ein gutes Beispiel für Karl Gustav Carus'
zugleich künstlerisches und naturwissenschaftliches Sehen gibt sein
Aufsatz über die Bedeutung der besonderen Bildung der Augen auf manchen
alten Gemälden, besonders denen von Fiesole. Die Augen der Engel
und Heiligen auf den Bildern des Fiesole sind bekanntlich schmal und
lang mit auffallend kleinen Augensternen. Carus, der dies beobachtete,
erklärt nun, daß die Markhaut, nämlich das Weiße im Auge, das feinste
geistigste Gebilde des Auges, Iris und Hornhaut, der Augenstern, das
niedrigste sei. Vergleiche man das Auge des Embryo, der Tiere, des
Kindes, des reifen Menschen, so finde man, daß, je niedriger der Stand
der Organisation sei, desto größer verhältnismäßig der Augenstern
gegenüber dem Weißen sei, und eben darauf beruhe der Ausdruck von
Geistigkeit und Verklärung, den das schmale, längliche Auge mit kleinem
Augenstern mache, wie es Fiesole und andere ältere Maler gewisser
Figuren, die überirdisch wirken sollten, gaben. - Ricarda Huch, Die Romantik. Blütezeit, Ausbreitung und Verfall.
Tübingen 1951 (zuerst 1899)
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