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(mac)
Energie (2) Der Mensch besitzt
eine gegebene Summe von Energie. Jener Mann oder jene Frau verhält sich zu jenem
anderen wie zehn zu dreißig, wie eins zu fünf, und es gibt einen Grad, den keiner
von uns überschreitet. Die Quantität von Energie oder Willen,
die jeder von uns besitzt, entfaltet sich wie der Klang: sie ist bald schwach,
bald stark; sie verändert sich je nach den Oktaven, die zu durchlaufen ihr gestattet
ist. Diese Kraft ist eine einzige, und obwohl sie sich in Wünschen,
in Leidenschaften, in geistiger oder körperlicher
Arbeit auslöst, findet sie sich dort ein, wohin sie der Mensch ruft. Ein Boxer
gibt sie in Faustschlägen aus, ein Bäcker im Kneten des Brotes, der Dichter
in einem Rausch, der eine enorme Menge dieser Kraft
absorbiert und fordert, der Tänzer läßt sie in seine Füße übergehen; kurzum,
jeder verteilt sie nach seinem Gutdünken ..., und ihr wißt ebensogut wie ich,
wo man am meisten von ihr ausgibt. - Balzac, nach Ernst Robert Curtius, Balzac.
Bern 1951
Energie (3) In der Region des Universums, die wir beobachten können, gibt es etwa zehn Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen Millionen (eine 1 mit 85 Nullen) Teilchen. Wo kommen sie alle her? Die Antwort lautet, daß nach der Quantentheorie Energie in Form von Teilchen-Antiteilchen-Paaren entstehen kann. Das aber wirft die Frage auf, woher die Energie kam. Die Antwort auf diese Frage: Die Gesamtenergie des Universums ist exakt gleich Null.
Die Materie des Universums besteht aus positiver Energie. Doch alle diese
Materie zieht sich mittels der Gravitationskraft an. Zwei Materiestücke, die
nahe beieinander sind, besitzen weniger Energie als die gleichen Stücke, wenn
sie sich in größerer Entfernung voneinander befinden, weil man Energie aufwenden
muß, um sie gegen den Widerstand der Gravitationskraft zu trennen, die bestrebt
ist, die Materiestücke aufeinander zuzubewegen. In gewissem Sinne besitzt das
Gravitationsfeld also negative Energie. Für ein Universum, das in räumlicher
Hinsicht weitgehend einheitlich beschaffen ist, kann man nachweisen, daß diese
negative Gravitationsenergie die durch die Materie repräsentierte positive Energie
exakt aufhebt. Deshalb ist die Gesamtenergie des Universums
gleich Null.
- Stephen Hawking, Eine kurze Geschichte
der Zeit. Reinbek bei Hamburg 1991 (zuerst 1988)
Energie (4) Wenn zwei Teilchen mit hoher Energie zusammenstoßen, können zwar durchaus mehrere Teilchen entstehen, doch diese neuen Teilchen waren vor dem Zusammenstoß noch gar nicht vorhanden. Sie können daher nicht als Bruchstücke der ursprünglichen Teilchen angesehen werden. Kann man dann sagen, sie seien bei dem Zusammenstoß entstanden? In gewisser Weise ja. Aber woher sind sie gekommen? Und wie lässt sich ihre plötzliche Entstehung erklären? Ganz einfach indem man sagt, dass die Energie des Zusammenstoßes sich letztlich in diese neuen Teilchen umgewandelt hat - was deshalb möglich ist, weil zwischen Masse (m) und Energie (E) nach Albert Einsteins spezieller RELATIVITÄTSTHEORIE eine Äquivalenz besteht. Die mit der Bewegung der Teilchen verbundene kinetische Energie kann sich nach sehr präzise bestimmbaren Regeln zu materiellen Teilchen »materialisieren«, die im Allgemeinen eine Masse haben. Das ist die eigentliche Bedeutung der Formel E=mc2, in der c für die Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum steht. Sie besagt, dass reine ENERGIE sich - entgegen unserer alltäglichen Anschauung - in MASSE umwandeln kann. Umgekehrt kann auch Masse sich in Energie umwandeln, insbesondere bei Kernreaktionen (siehe KERNSPALTUNG und KERNFUSION).
Bei all diesen Prozessen bleibt die Materie (die Masse) nicht erhalten. Unverändert
bleibt lediglich die Energie. Und was ist Energie? Etwas Immaterielles. Ganz
grob gesagt: Für die Physiker ist die Materie eine Komponente eines so genannten
Vierervektors (eines aus vier Komponenten bestehenden Vektors), das heißt etwas
hoch Abstraktes (vor allem wenn die zugehörige Raum-Zeit noch aufgrund der Gravitation
gekrümmt ist, wie es die allgemeine Relativitätstheorie behauptet). Der Begriff
der Materie verflüchtigt
sich damit in den Begriff einer ganz speziellen mathematischen Entität. Die
doch so konkret erscheinende Materie verschwindet in der Abstraktion, wenn unser
Verstand sie zu erfassen versucht. - (thes)