mpuse In Korinth philosophierte Demetrios, ein Mann, der alle Macht kynischen Denkens in sich vereinigte. Dieser faßte zu Apollonios eine Neigung, wie vormals Antisthenes zu der Weisheit des Sokrates. Er folgte ihm voll Lernbegierde, lauschte seinen Reden und führte auch die ausgezeichnetsten seiner eigenen Schüler Apollonios zu. Unter diesen war auch der Lykier Menippos, der in einem Alter von fünfundzwanzig Jahren stand, hinlänglich mit Geist begabt war und einen wohlgebildeten Körper hatte; denn er glich an Gestalt einem schönen edlen Athleten. Viele hatten damals den Eindruck, Menippos werde von einer fremden Frau geliebt. Diese Frau schien von schöner Gestalt, von vorzüglicher Zartheit und behauptete, reich zu sein. Sie war aber nichts von alledem, sondern erweckte nur den Anschein, es zu sein. Mit ihr hatte es folgende Bewandtnis: Als Menippos eines Tages auf dem Wege nach Kenchreä allein wandelte, begegnete ihm eine Erscheinung in der Gestalt einer Frau, faßte ihn bei der Hand und sagte, sie habe ihn schon lange geliebt. Sie sei aus Phönizien und wohne in einer Vorstadt Korinths. Sie nannte ihm diese und setzte hinzu:

»Wenn du am Abend dahin kommst, so werde ich dich mit Gesang und mit einem Wein bewirten, wie du ihn noch nie getrunken hast. Auch wird dich kein Nebenbuhler beunruhigen, sondern wir werden ungestört zusammen sein, eine schöne Frau mit einem schönen Manne.« Diese Worte betörten den jungen Mann, der bei aller Kraft in der Philosophie doch der Liebe unterlag; er besuchte sie am Abend und war auch nachher oft bei ihr wie bei einem geliebten Wesen, ohne etwas von ihrer gespenstigen Natur zu ahnen.

Wie ein Bildhauer blickte Apollonios auf Menippos, faßte den Jüngling fest ins Auge und betrachtete ihn. Als er sich über ihn im klaren war, sagte er: »Du schöner, von schönen Weibern verfolgter Jüngling hegst eine Schlange an deiner Brust und eine Schlange dich.« Als sich nun Menippos hierüber wunderte, sagte er:

»Du hast ein Weib, nicht eine Ehegattin. Wie? Glaubst du, von ihr geliebt zu sein?« - »Allerdings«, antwortete Menippos, »nach der Zärtlichkeit, die sie mir entgegenbringt.« - »Und möchtest du sie heiraten?« - »Es ist ja wohl wünschenswert, ein Weib, das uns liebt, zu heiraten.« - »Und wann wird die Hochzeit sein?« fragte Apollonios. »Sehr bald; vielleicht schon morgen.«

Zur Zeit des Mahles nun, die sich Apollonios gemerkt hatte, trat er unter die Gäste, die sich soeben versammelt hatten, und sagte: »Wo ist die Holde, derentwegen ihr kamt?« - »Hier«, antwortete Menippos und stand errötend auf. »Und das Silber und das Gold und der übrige Schmuck des Gemachs, wem von euch beiden gehört es?« - »Der Frau«, antworte Menippos, »denn das ist alles, was ich besitze«, wobei er auf seinen Mantel deutete. »Habt ihr«, sagte Apollonios, »die Gärten des Tantalos gesehen, die sind und zugleich nicht sind?« - »Ja, bei Homer«, antworteten sie, »denn in den Hades sind wir nicht hinabgestiegen.« - »Für das«, fuhr er fort, »haltet denn nun auch diesen Schmuck; denn er ist nichts Wirkliches, sondern nur der Schein des Wirklichen. Und damit ihr versteht, was ich sage: Die edle Braut hier ist eine der Empusen, die man Lamien und Gestalten des Grauens nennt. Sie trachten sowohl nach Liebesgenuß wie vor allem nach Menschenfleisch und locken diejenigen, die sie verspeisen wollen, durch Liebeslust an.« Hierauf die Frau: »Sei still und hebe dich weg!«, wobei sie Ekel und Abscheu vor dem, was sie hörte, zu erkennen gab und auch wohl die Philosophen als aberwitzige Schwätzer verspottete. Als sich aber die goldenen Becher und das, was Silber schien, verflüchtigten, alles vor den Augen entschwand und die Mundschenken und Köche und die ganze Dienerschaft auf Apollonios' entlarvende Bemerkungen hin unsichtbar wurden, stellte sich das Gespenst, als ob es weine, und bat, ihm die Qual der Prüfung zu erlassen, um es nicht zum Geständnis dessen zu nötigen, was es in Wirklichkeit sei. Da er aber doch nicht abließ, sondern in die Frau drang, gestand sie, daß sie eine Empuse sei und den Menippos mit Wollust nähre, um ihn aufzuzehren. Denn sie pflegte schöne und junge Leiber zu speisen, weil ihr Blut frisch und rein war. - (vamp)

Gattenschmaus
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