Eldorado  Quesada stand  auf, befahl den Führern auf der Terrasse, unverzüglich alles, was sich an Gold und Goldeswert im Ort, öffentlich oder privat, befinde, auf den Marktplatz zu bringen. Er wollte einen ersten Einblick in den vorhandenen Reichtum tun.

Ohne Widerspruch wurde dem Befehl gefolgt. Die Reiter bildeten einen Kreis um den mächtigen Haufen, der vor der Fahne der Jungfrau wuchs. Der Lärm, die Erregung der Soldaten bei diesem Anblick war gewaltig. Quesadas eigne Unruhe stieg. Was er sah, überstieg alles, was er erwartete. Der Kreis um den Hügel, der aus Brustschildern, Stirnplatten, Halsringen, Armringen, Ohrgehängen, großen und kleinen Figuren von Menschen, Eidechsen, Fröschen, Sonnen, Monden aufwuchs, mußte sich mehr und mehr erweitern. Der Hügel wuchs, die Leute liefen wie Ameisen hin und her. Der Hügel wuchs über die Höhe der Pferde, so hoch, daß die Reiter auf der einen Seite die von der ändern nicht mehr sahen. Und alles Gold! Man faßte Stücke an: schweres Gold. Manchmal auch Silberschmuck, vieles mit Smaragd und Rubin besetzt. Für die Leute schien Gold wie anderswo Kupfer oder Stahl zu sein.

Quesada war unfähig, die Blicke vom Hügel zu lösen. Er redete mit seiner Umgebung, aber er schnatterte nur und hörte nicht einmal selbst, was er sagte. Gouverneur, Offiziere, ja die beiden Dominikaner, alles war betäubt. Dies war wirklich das Goldland, Eldorado. Die Soldaten auf ihren Pferden, in ihren Brustkästen, die ungezähmten gierigen Menschentiere, die Verunglückten, die Räuber, Strolche, begnadigten Todeskandidaten kicherten, stießen sich an, lachten Hohn und Vergnügen. Wenn man doch erst drein-schlagen könnte. Blut, feste Weiber, stramme Weiber, eine Hüfte packen.    - Alfred Döblin, Amazonas-Trilogie. Bd.1, Land ohne Tod. München 1991

 

Ort, imaginärer Goldsucher

 

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