kstase   Sein Alter ego, d.h. seine eigene Seele in Tiergestalt, sandte der Schamane mit einem Gefolge von Begleitern hinab in die Unterwelt zum größten der Ahnengeister, um von ihm Näheres über die Ursachen der zu kurierenden Krankheit zu erfahren. Der Weg in die Unterwelt führte entlang des Weltenbaumes. Konnte der Ahnengeist nicht helfen, mußte eine weitere Reise unternommen werden, diesmal in die obere Welt zur höchsten Gottheit.

Bei der Beschreibung dieser Fahrt geriet der Schamane ganz und gar in Ekstase. Seine Gesänge wurden nun begleitet von Bewegungen, Schreien, der Nachahmung von Geisterstimmen und -dialogen. Er steigerte sich immer mehr. Endlich übergab er die Trommel seinem Assistenten, der sie weiter schlug, und begann zu tanzen. Dazu vollführte er Luftsprünge, wirbelte an Riemen umher, die man vorher im Zeltinnern angebracht hatte, und stellte die Unterweltsfahrt mit allen ihm zur Verfügung stehenden mimetischen Mitteln dar. Die Zuschauer verfielen ebenfalls in einen tranceähnlichen Zustand und erlebten das jenseitige Geschehen mit. Schließlich stürzte der Schamane, mit Schaum vor dem Mund, zu Boden. Seine Seele befand sich nun im Land der Toten, und zwar in Gestalt des Alter ego, der eigene Körper lag steif und leblos im Zelt. Der Gehilfe entfachte von neuem das Feuer und begann, den Schamanen bzw. seine Seele zurückzurufen. Nach und nach gab dieser wieder Lebenszeichen von sich und berichtete - zuerst flüsternd - von seinen Erlebnissen, die der Helfer der Zuhörerschaft mitteilte. Allmählich wurde er lauter, erhob sich und stellte unter ständiger Trommelbegleitung seine Rückreise pantomimisch dar. Feuerschein und Trommelschläge dienten der zurückkehrenden Seele als Wegweiser.

Die Ekstase legte sich, und der Schamane trug vor, was er in der Unterwelt über die Krankheit erfahren hatte.  - Aus: Alfred Stolz, Schamanen. Ekstase und Jenseitssymbolik. Köln 1988 (dumont Taschenbücher 210)

Ekstase (2) Von allen algerischen Orden ist bestimmt der sonderbarste und die Neugier der Fremden am meisten erregende derjenige der Aissa-ua.

Man kennt entsetzliche Gebräuche dieser hysterischen Gaukler, die sich auf die Ekstase vorbereiten, indem sie eine Art magnetischer Kette bilden und ihre Gebete sprechen, worauf sie stachelbespickte Kakteenblätter, Nägel, Glassplitter, Skorpione und Schlangen verzehren. Oftmals fressen diese Irren unter schrecklichen Zuckungen und Krämpfen lebende Schafe mit Wolle, Haut und blutendem Fleisch, ohne mehr als ein paar Knochen am Boden zurückzulassen. Sie stoßen sich spitze Eisen in Wangen und Leib, und wenn sie gestorben sind und man sie seziert, findet man die unterschiedlichsten Gegenstände, die sich in die Magenwände gebohrt haben.

Nun, man findet aber in den Texten der Aissa-ua die poetischsten Gebete, die poetischsten Lehren aller Bruderschaften des Islam.

Ich zitiere nach Kommandant Rinn nur ein paar Sätze: »Der Prophet sagte eines Tages zu Abu-Dirr-el-R'ifari: ›O Abu-Dirr, das Lächeln der Armen ist ein Gebet; ihre Spiele sind eine Lobpreisung Gottes; ihr Schlaf ist ihr Almosen.‹

Der Scheik hat seinerseits gesagt: ›Beten und Fasten in Einsamkeit und keinerlei Mitgefühl im Herzen haben, das nennt man im besten Falle Heuchelei.

Die Liebe ist der äußerste Grad der Vollkommenheit. Wer nicht liebt, hat es in seiner Vervollkommnung zu nichts gebracht. Es gibt vier Arten von Liebe; die Liebe durch den Verstand, die Liebe durch das Herz, die Liebe durch die Seele und die mystische Liebe...<«

Wer hätte je die Liebe erschöpfender, subtiler und schöner definiert?   - (err)

Ekstase (3)  Ich gestehe, ich glaube nicht an die Zeit. Es macht mir Vergnügen, meinen Zauberteppich nach dem Gebrauch so zusammenzulegen, daß ein Teil des Musters über den anderen zu liegen kommt. Mögen Besucher ruhig stolpern. Und am meisten genieße ich die Zeitlosigkeit, wenn ich - in einer aufs Geratewohl herausgegriffenen Landschaft - unter seltenen Schmetterlingen und ihren Futterpflanzen stehe. Das ist Ekstase, und hinter der Ekstase ist etwas anderes, schwer Erklärbares. Es ist wie ein kurzes Vakuum, in das alles strömt, was ich liebe. Ein Gefühl der Einheit mit Sonne und Stein. Ein Schauer der Dankbarkeit, wem sie auch zu gelten hat - dem kontrapunktischen Genius menschlichen Schicksals oder den freundlichen Geistern, die einem glücklichen Sterblichen zu Willen sind. - (nab)

Ekstase (4, permanente) Grettir hatte in diesen Zeiten sehr oft ein gewisses Staunen darüber, daß sein Leben in einer fast immerwährenden Ekstase hinging. Wie ist es nur möglich, daß es diesen Unterschied zwischen Menschen gibt, sagte er zu sich. Da sind so viele, die fast unter gar keinen Umständen Begeisterung finden können, während es bei mir zwischen den einzelnen Begeisterungen kaum aussetzt, wenn auch die Flammen nicht oft hoch gehen. Mit dieser Frage beschäftigte er sich ziemlich genau und dann schien ihm die Antwort leicht. Die Raupen, sagte er zu sich, fressen auf den Bäumen, die ihrer Natur und Herkunft entsprechen. Sie haben kaum Zeit, irgend etwas andres zu tun, als zu fressen, und wenn auch bei andren Insekten diese Raupenzeit mehr zusammengedrängt wird auf ihre erste Larven-Lebenszeit, so ist doch eben dieses einfache Laub eine Massennahrung, von der viel verarbeitet werden muß, um das Edle herausdestillieren zu können. Nach dem Fraß, der vielleicht einige Wochen dauert, legen sich diese Tiere zur Ruhe. Dann wird in ihnen das Unedle abgeschieden, dann geschehen innre Verwandlungen und genau so, wie aus so vielen Blättern, die sie gefressen haben, eine Blüte gekommen wäre, steht aus der Raupe nach ihrer Verpuppung die Blüte des Schmetterlings auf. Da ist es natürlich in der ganzen Welt der Erscheinungen genau so geblieben. Der Mensch hat nicht nur in einem Leibe eine Raupenarbeit Tag für Tag zu machen, sondern er hat auch oft viele Generationen hindurch nichts oder nicht viel mehr getan, wie gefressen, irgendeine große Freiheit und Begeisterung ist nicht über ihn gekommen. Dann endlich kommt Einer als das letzte Glied einer Reihe von Generationen, er ist der Schmetterling nach einer ganzen Folge von Raupen, und er ist zur Ekstase fähig, er kann sich ihr auch garnicht widersetzen, er ist für die Ekstase bestimmt. Und nun flammt es in ihm. Nun wird er irgendein Prediger in der Wüste, irgendeiner, von dem Flammen ausgehen und Heiligenscheine, jetzt ist er tauglich zu irgendeiner ungewöhnlichen Kunst, wie ein Aubrey Beardsley, weil eben seine Reife die eines Schmetterlings geworden ist. Hat aber eine Menschenart es nicht zu diesen einzelnen Schmetterlingen gebracht, dann ist vielleicht jener Doppelzustand in ihnen etwas Dauerndes, dann ist vielleicht immer ihr unterer Leib mit der Arbeit der Raupen beschäftigt und die Nächte reichen aus, alle jene Verpuppungen zu bewältigen, so daß die Art des Schmetterlings am Morgen in ihm lebt. Ganz gewiß aber ist es so, daß dieser Zusammenhang schon lange gesehen wurde und daß Psyche im Altertum nur deshalb mit Flügeln dargestellt wurde. Ebenso aber ist es gewiß, daß nach der Blüte die Frucht folgt, daß die Früchte oft schon ein Fruchtfleisch haben, das dem Menschen edel und ihm entsprechend zu sein scheint, und jeder Mensch weiß, daß der Weingeist schon in den Früchten schläft und leicht zu wecken ist. Genau so kann auch in Menschen aus dauernder Reifung in ihnen selbst oder aus einer Reifung von Stoffen, die langsam von Generationen aufgebaut und geerntet sind, eine Gewinnung von Weingeist folgen, und wenn dieser Weingeist aus den Menschen brennt und über sie hinausflammt, sodaß man einen Schein um sie sieht, so ist das nicht zu verwundern.  - Ernst Fuhrmann, Der Geächtete. Berlin 1983 (zuerst 1930)

Ekstase (5) 

Hl. Therese

 - Bernini, nach (mes)

Ekstase (6) Liebe, liebe Albina, seit vielen und vielen Jahren hatte ich kein Ei mehr gegessen, hartgekocht und geviertelt.  Deins hier ist höchst gelungen. Es ist himmlisch! Als ich Kind war, fragte ich immer nach dem Ei, bestrichen mit einer leichten Sardellensoße. Ich schleckte mir die Finger; und manchmal passierte es auch, daß ich dabei meine Fingerspitze verschluckte. Heute abend fand ich jene göttliche Ekstase wieder. Ich verkaufe mein Erstgeburtsrecht für ein Ei, vollkommen wie das Deine, erhöht durch die Sardellensoße. Ich rutsche unter den Tisch und gerate in eine Verzückung, zu der mich keine Frau je hinreißen könnte. Albina, gelobt seist Du in alle Ewigkeit und erstrahle für immer in der Sternenkonstellatiou des Ei und im Nebelfleck der Sardelle! Amen. - Gabriele d'Annunzio an seine Köchin 21. Dezember 1936, nach (enc)

Ekstase (7) Ich berührte die Existenz.

Ich habe die Augen geschlossen, ich wäre am liebsten blind gewesen. Sofort sind andere Gegenstände erschienen, auf schwarzem Grund: ein Kiesel, ein Glas Bier auf einem Tisch, ein Paar malvenfarbene Hosenträger, eine Hand; sie hatten eine erstaunliche Plastizität, man hätte meinen können, sie wären von innen beleuchtet. Ich habe die Lider wieder geöffnet, um diese Bilder loszuwerden: aber die Wurzel des Kastanienbaums war da. Da bin ich in eine gräßliche Ekstase verfallen; ich war in der tiefsten Tiefe der Existenz, sie hatte sich plötzlich enthüllt. - Jean-Paul Sartre, Der Ekel. Reinbek bei Hamburg 2004 (zuerst 1938)

Ekstase (8) 

Ekstase (9)  Apulejus sagt von dem ägyptischen Propheten Zachla: Der Prophet legte ein kleines Kraut auf den Mund des Leichnams und ein anderes auf dessen Brust, wandte sich hierauf gegen Osten und flehte still zu der majestätisch aufgehenden Sonne; dann lenkte er in feierlicher Szene die Augen der Anwesenden auf das große Wunder: schon schwillt und hebt sich die Brust, der Puls beginnt zu schlagen, der Geist erfüllt wieder den Körper, der Leichnam erhebt sich und der Jüngling spricht. Wenn dies wahr sein soll, so müssen die Seelen beim Tode in ihren Körpern manchmal von heftigen Ekstasen überwältigt und ihnen jede Wirkung auf den Körper abgeschnitten sein, so daß Gefühl und Bewegung den ganzen Körper verlassen, während der Mensch in Wahrheit noch nicht tot ist, sondern ohne Lebensäußerung und wie ein Gestorbener daliegt, und zwar eine lange Zeit hindurch. Namentlich in Zeiten, wo Seuchen grassierten, hat man sehr häufig die Erfahrung gemacht, das viele, die man als tot beerdigte, im Grabe wieder aufwachten; besonders auch bei Frauenzimmern, die an Mutterbeschwerden litten, ist, wie wir lesen, dies schon vielfach vorgekommen. Rabbi Moses erzählt nach einem Buche Galens, es sei einer von einer Starrsucht befallen worden, welche sechs Tage dauerte; in dieser Zeit aß und trank er nicht, und seine Pulsadern wurden hart. In demselben Buche heißt es, ein mit Wasser Angefüllter verliere den Puls am ganzen Leibe, sein Herz bewege sich nicht mehr und er liege wie tot da. Ferner führt der genannte Autor an, in Folge eines Falles von einer Höhe, oder in Folge eines großen Geschreis oder eines langen Verweilens unter dem Wasser kommen Ohnmächten vor, die achtundvierzig Stunden dauern, so daß der Mensch wie tot daliege, und sein Gesicht eine grünliche Farbe annehme.  - (nett)

Ekstase (10)  Mein Glück war an der äußersten Grenze dessen, was ich an Glück ertragen konnte. Es war eine Engelsseligkeit. Aber kam sie nicht aus meinem trägen Körper, der unbewegt ausgestreckt lag, genießerisch und vielleicht dabei mithalf? Warum nicht gar! Ich schüttelte ihn also, kniff so stark ich konnte, in meine Arme, meine Beine. Nichts änderte sich, auch nicht, wenn ich die Augen eine Zeitlang aufmachte. Gewiß erhielt ich Kenntnis von dem Kneifen, aber so als wäre mir diese Auskunft nur auf dem Papier durch irgendein subalternes Büro übermittelt worden, das nichts begreift, in einer der Betäubung ähnlichen Abschwächung. Ich befand mich außerhalb der Überraschungen des Körpers. Ich wußte noch von den Dingen meines Körpers, aber ich hielt ihn nicht mehr besetzt, oder nur noch so wenig, und ich war so unwichtig geworden vor dieser Großartigkeit des Gegenwärtigen, die ich in meiner Ekstase mit pharaonischer Majestät ihr eigenes Leben führen sah. Enge gibt es nicht mehr. Ich hefte mich an die göttlich vollkommene Fortdauer des Seins durch die Zeit hindurch, Fortdauer, die derartig schön ist, schön zum Ohnmächtigwerden, so schön, daß die Götter - wie es im Mahabharata heißt - eifersüchtig herbeikommen und bewundern. Dies ist es, ein Heerzug ohne Ende, vereint, mit dem Heerzug der Natur, den ich spüre ohne ihn zu sehen, den ich vorhanden weiß wie jene Gesetze, die sich darauf beziehen, das Gesetz der Entwicklung, die Gesetze der Gase, die Gesetze der Erhaltung der Energie, die Gesetze der Elektrochemie, alle die bisher entdeckten Gesetze, und die noch zu entdeckenden Gesetze, und jene, die niemals ganz entdeckt sein werden, dieser ganze Heerzug ... Was soll ich sagen?

Alles das in einem vorbehaltlosen Beifallsrauschen, und ich im vollsten Anstaunen, ich, heimgekehrt in Abrahams Schoß, in den Schoß des Universums, des Unendlichen, eine Glückseligkeit ohne Grenzen, ohne Worte, ich, inmitten eines neuartigen Feuers, unverbrennbar, als wäre ich aus Asbest. "Ekstase: das heißt mitwirken an der göttlichen Erschaffung der Welt.  - Henri Michaux, Turbulenz im Unendlichen. Die Wirkungen des Meskalins. Frankfurt am Main 1971

Ekstase (11)  Plötzlich fand ich mich liegend wieder, ganz räudig, mit Schorf bedeckt, verfaulend wie Lazarus, unter einem hohen, unzugänglichen Felsplateau. Da erschien mir die Gestalt der Caetaner-Todesgöttin mit ihrer Korallenschlange und ihren Sperbern. Ohne ein Wort, nur mit ihren Blicken gab sie mir zu verstehen, daß ich, wenn ich den Felsen erstiege, der senkrecht in die Höhe ragte und mit Brennesseln bestanden war, meine stinkenden Wunden heilen und mich mit dem Göttlichen vereinigen könnte. Ich mußte wie im Traum, wie im Albtraum, hinaufklettern. Ich schnitt und stieß mich an den scharfen Kanten wund, und meine Fußsohle zerfiel bei der Berührung mit dem rauchenden Stein, und doch vermochte ich auf den Gipfel zu gelangen. Und dort, o Wunder aller Wunder!, entdeckte ich schließlich oder, besser, fühlte mit meinem Blut, daß alles göttlich war: das Leben und der Tod, das Geschlecht und die Wüstendürre, die Verwesung und das Blut. Der Felsen sah aus wie der Stein des Reiches, der Stein mit dem Silberregen, und ich wußte mit meinem Blut, daß ich, wenn ich imstande wäre, ihn zu ersteigen, in der Höhe mit einem Schlag den Genuß der Liebe, die Macht des Reiches, die Pracht der Schönheit und die Vereinigung mit der Gottheit erleben würde, die vier Ektasen, welche dem Menschen in Erinnerung rufen, daß er sich auf dieser Wüstenerde, in diesem assyrischen und jüdischen Sertão über den morastgrünen Smaragd des Irdischen schwingen muß zum roten und blutigen Rubin der Leidenszeit, um so den Goldtopas des himmlischen Jerusalem zu erreichen. Es war eine so wichtige Sache, Herr Richter, daß Sie mir glauben dürfen: als ich an jenem Tage wirklich zu mir kam und mich hingestreckt neben einem Felsen wiederfand, war ich geradezu enttäuscht, als ich feststellte, daß ich nicht so räudig und stinkend war wie in meinem Traum. Aber von nun an gliederte sich das alles in die Visionen und Rituale meiner Kirche ein. Trunken von Wein und Träumen, sah ich, wie sich mein Felsen auch jetzt zu bevölkern begann, aber nicht mit Pferden, sondern mit Frauen, die mich sogleich auf die aufreizendste Weise streichelten, die Sie sich vorstellen können. Während sie das taten, streckte sich eine andere Frau nackt auf dem Felsen neben mir aus und rief mich auf sich. Unten auf der felsigen Hochebene standen die Damen, Ritter und Bauern meines Königreiches, überall ragten Burgen, Silberflüsse schlängelten sich überallhin, und Dolche und Diamanten funkelten in den Lüften mit Pferdeherden und im Winde entfalteten gelben und roten Fahnen. In gewisser Weise ist meine Vision sogar erklärbar, denn ich habe von meinem Vater die Eigenschaft eines Meisters in den Geheimkünsten der drei Astrologien ererbt. Was mir jetzt erschien, war eine Vision vom gesamten Imperium des Skorpion-Siebengestirns mit seinen sieben Kardinalpunkten und seinen zwölf geheiligten Orten - sechs im Meere und sechs im Sertão -, beherrscht von den sieben Planeten und von den zwölf Zeichen des Tierkreises. Dies war übrigens meine letzte Vision im Wachzustand. Denn unmittelbar danach verfiel ich, erschlafft von Sattheit, Trunkenheit und Stickluft, in Schlummer.  - (stein)

Ekstase (12)   «Ich stürzte mich in die geheimnisvollen Tiefen des Gebets, verlockt von den religiösen Vorstellungen, deren Zauberland die jungen Geister entzückt. Beseelt von einem glühenden Glauben bat ich Gott, er möge zu meinen Gunsten die faszinierenden Wunder erneuern, die ich im Martyrologium las ... Meine Ekstase ließ in mir unbeschreibbare Träume erblühen, die meine Phantasie bevölkerten, meine Liebesfähigkeit bereicherten und meine Denkkräfte stärkten. Ich habe diese erhabenen Visionen oft Engeln zugeschrieben, die beauftragt waren, meine Seele zu göttlichen Bestimmungen zu formen: sie haben meine Augen mit der Fähigkeit begabt, den innern Geist der Dinge zu erschauen; sie haben mein Herz auf die magischen Bilder vorbereitet, die den Dichter unglücklich machen, wenn er die unheimliche Macht hat, das, was er fühlt, mit dem, was ist, das große Gewollte mit dem geringen Erreichten zu vergleichen; sie haben in meinem Kopf ein Buch niedergeschrieben, in dem ich lesen konnte, was ich aussprechen sollte, sie haben auf meine Lippen die Kohle des Improvisators gelegt.» Und später: «Die Träume meiner Schulzeit sind wie eine Apokalypse gewesen, in denen mir mein Leben figürlich geweissagt wurde: jedes glückliche oder unglückliche Ereignis ist durch seltsame Bilder damit verknüpft, durch Bande, die nur den Augen der Seele sichtbar sind.»  - Balzac, nach: Ernst Robert Curtius, Balzac. Bern 1951

Ekstase (13)  Schlagartig hob das Mädchen in echter Verblüffung den Kopf, als jetzt etwas, das blutroter als Sonnenlicht zu sein schien, den linken Pfeiler des gewaltigen zerbrochenen Bogens traf. Sie ließ den verknitterten Morgenmantel lose um die Schultern fallen und stützte sich noch höher im Bett auf, hielt dabei die Handflächen gegen die Matratze gedrückt, denn sie wurde gewahr, daß der Anblick dieses unnatürlichen Lichts - in Wirklichkeit war es ein Weinrot, von einer ziemlich unbeschreiblichen Purpurschattierung überhaucht - sie in einen irrationalen Glückstaumel versetzte. Sie beugte sich vor, ließ ihr verrutschtes Gewand auf die Kissen hinter ihr gleiten, wobei sie kaum auf die Tatsache achtete^ daß ein kühler Sonnenaufgangs wind um ihre dünnbekleidete Gestalt blies. Ihre Seele war mit einem heftigen Krampf wie ein Schwall zu Kopf steigendes Blut zurückgekehrt, und ihr ganzes Wesen schien auf das rötliche Licht an den hohen Pfeilern zuzuströmen. Das Pulsieren ihres Glücks war mächtig. Was sie erlebte glich einer bebenden Liebcsckstasc ohne menschlichen Partner Sie konnte sogar die kleinen runden Brüste unter ihrem Nachthemd erschauern und schwellen fühlen. Ihr Kopf fiel instinktiv leicht nach hinten, während sich das Kinn hob. Ihr Lippen teilten sich, und ein Lächeln, das ein Lächeln unbeschreiblichen Friedens war, huschte über ihr Gesicht. - (cowp)
 

Tanzen Rausch Nystiker
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