inweihung   »Sieh mal, Frank, das Messer hat mir mein Freund eben geschenkt.«

Als Kromer das Messer aus seinem warmen Pelz herauszog und es auf die karierte Tischdecke legte, wirkte es noch verlockender, wie ein Schmuckstück, das an Glanz gewinnt, wenn man es aus dem Schmuckkasten herausnimmt.

»Berühre mal die Schneide.«

»Nicht übel.«

»Kannst du die Fabrikmarke lesen?«

Das Messer kam aus Schweden. Es war ein Stellmesser und so schön geformt, daß man meinen konnte, die Klinge habe ihren eigenen Verstand und könne sich selber ihren Weg suchen.

Warum hatte Frank in einem kindlichen Ton, den er annahm, ohne es zu wollen, gesagt: »Leih es mir.«

»Wozu?«

»Nur so.«

»Solche Spielzeuge sind nicht für nichts da.«

Berg lächelte ein wenig gönnerhaft, als hörte er den Prahlereien zweier Jungen zu.

»Leih es mir.«

Gewiß nicht, um es nicht zu benutzen. Dennoch wußte Frank noch nicht, wozu. Aber in diesem Augenblick sah er an dem Tisch in der Ecke, unter der Lampe mit dem lila Schirm, den dicken, schon puterroten Unteroffizier sein Koppel abnehmen und es auf den Tisch legen.

Sie kannten alle diesen Unteroffizier. Er war beinahe ein Maskottchen, eine Art Haustier, das man gewohnt ist, an seinem Platz zu sehen. Er war der einzige von den fremden Soldaten, der regelmäßig und ohne jede Vorsichtsmaßnahme zu Timo kam.

Man nannte ihn hier den Eunuchen, weil er so dick war und am Bauch und unter den Armen richtige Fettpolster hatte. Man mußte bei seinem Anblick an ein fettes Weib denken, das sich auszieht und bei dem sich das Korsett in das wabbelige Fleisch eingedrückt hat. Auch im Nacken und unter dem Kinn hatte er Fettwülste und auf dem Kopf ein paar farblose, weiche Haare. - Georges Simenon, Der Schnee war schmutzig. Zürich 1977 (detebe 135/II, zuerst 1951)

Einweihung (2)  Ich machte es mir zu einer Aufgabe, die Silvesternacht regelmäßig bei Straßenmädchen zu verbringen, um das Jahr einzuweihen. Allerdings war es zu jener Zeit mehr eine Manie als die Verlockung der Lust. - Flaubert an Louise Colet, nach (flb)

Einweihung (3)

Einweihung (4) M. führt uns in ein Wohnhaus, wo der Dia del Medio abgehalten wird.

Der Tag der Mitte der Einweihungsriten.

Die Novizen werden in Göttertracht den Verwandten und Freunden gezeigt. Bürgerliche Leute.

Sie halten Leonore und mich für Nordamerikaner. Wir werden nicht willkommen geheissen. M. ist heute ganz in Rosa. Er nimmt die Sonnenbrille ab.

Sein Gesicht ist von den Wespen im Tempel zerstochen. Er hat helle, böse Augen.

M. stellt uns seinen geistlichen Vater vor. El Padrino. Der trägt Hellgrün. El Padrino sieht aus wie II Padrino.

Die Trommler die einzigen Neger - Kubaner aus New York. Yorubaarroganz - sie erwidern unseren Gruss nicht. Aber ins Einweihungszimmer werden wir geführt. Eine Laubhütte, in der Würste, geräucherte heilige Tiere und kleine Schnapsflaschen hängen. Hier steht der Ogum Geweihte. Ein dicker Junge in grünem und rotem Satin. Leopardenfell an der Mütze. Machete in der Hand. Palmstroh am Gürtel. Schellen am Gürtel und an den Füssen. Ein roter, geschminkter Bart. Rote Striche an den Füssen und Waden.

Gegenüber eine weiss ausgeschlagene Nische mit einem Obatala Geweihten.

Silbrig weiss gekleidet. Er trägt einen silbernen Fächer, Weisser, geschminkter Monjoubart. Neben ihm eine weisse Dame in Spitzenkleid. Die beiden Eingeweihten werfen sich vor jedem Besucher bäuchlings auf den Boden.

Die Besucher vollführen über dem Rücken der Novizen Zeichen und legen in ein bereitstehendes Körbchen einen Dollar. Die Trommler kommen rein. Sie haben jetzt Bäckermützen auf. Zwei sind grün-weiss gekleidet. Zwei ganz weiss. Eine grosse Trommel. Zwei grosse Kalebassen mit Perlennetzen. Eine kleine Kalebasse.

Eine eiserne Hacke, die mit einem Metallstab angeschlagen wird. Eine Frau rasselt mit einer der grossen Kalebassen. Die bleiche Dame wirft ihre Hände hoch und rüttelt in der Luft. Sie fangt an zu taumeln.

Eine Frau ergreift die Hände der weissen Dame. Die Dame erwacht. Schämt sich. Will weinen. Aber auch das Weinen kommt nicht richtig. Die Trommler und Rassler gehen in den Living. Eine Frau tanzt •wild. Ein Mann holt eine Bimmel. M. bimmelt die Tanzende an. Sie verkantet ihre Kiefer. Sie blickt den Trommlern starr in die Augen. Sie löst sich. Lacht über sich selbst. Sie fängt wieder an.

Sie will aus dem Kreis der Besucher heraus. Die lassen sie nicht heraus. Sie bricht aus. M. geht in den Vorgarten. Er taumelt leicht. Er wischt sich den Schweiss ab. Er sagt:

- Muy fuerte!

— Sehr stark, sagt er.

Ich finde das nicht.

Und ausserdem - ein Babalawo, der in Trance fällt.

Es ist ein Skandal.

Auch seine Frau läuft zuckend zwischen den Gartenzwergen des Vorgartens herum.

Elfriede Gerstl kommt schwankend in den Vorgarten.

El Padrino sieht sie scharf an.

Er zieht an ihren Armen.

Er führt sie zu seinem Mercury.

Gibt ihr auf dem Vordersitz Wasser zu trinken.

Vor dem Haus liegen zwei Blätter einer Pflanze, die in Bahia Milagre de Sao Joaquirn heisst. Pedros heilige Pflanze. Ich nehme eines davon. Sie merken es nicht.  - (pet)

 

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